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10.Die Kategorie der Genera verbi



Wenn das Verb eine Handlung bezeichnet, kann die von ihm zum Subjekt und zum Objekt führende Perspektive verschiedene Formen annehmen (griech. diathesis oder lat. genus verbi, was sich deutsch als Handlungsart oder Handlugsform wiedergeben lässt). Im Deutschen sind die Beziehungen des Verbs zum Subjekt und Objekt zweifach:

Die Form des transitiven Verbs kann eine Handlung ausdrücken, die vom Subjekt ausgeht und auf das direkte Objekt gerichtet ist: Arbeiter bauen Maschinen; Er erwartet den Freund. Solche Form des Verbs heisst die aktive (Aktiv, Tätigkeitsform). Auch die intransitiven Verben (oder die transitiven im intransitiven Gebrauch) stehen in dieser Form.: Der Knabe läuft; Sie näht. Sie ist somit, vom Standpunkt des Systems der Handlungsformen aus, die normale Form des Verbs, seine «Ruheform». Sie erstreckt sich auch auf die Verben, die einen Zustand bezeichnen (vgl. § 34).

Das Verb kann aber auch solche Handlung ausdrücken, die nicht vom Subjekt, d. h. dem Täter, dem Agens der Handlung, erzeugt wird, sondern auf das Subjekt gerichtet ist: Die Maschinen werden gebaut; Der Freund wird erwartet. Die entsprechende Form des Verbs (wer­den + Partizip II) wird die «passive» Form (Passiv, Leideform) genannt. Der eigentliche Erzeuger der Handlung, das Agens, kann dabei im Satz überhaupt unerwähnt bleiben, wenn seine Bezeichnung semantisch unwesentlich oder unmöglich ist, wie es oft z. B. in der technischen Literatur geschieht, oder wenn man ihn leicht dem Kontext oder der Situation entnehmen kann. Eine solche Struktur nennt man die «zweigliedrige» Passivkonstruktion im Gegensatz zu der «dreigliedri­gen», in der das Agens durch eine Präpositionalkonstruktion (von + Dativ oder — instrumental gefärbt — durch + Akkusativ) ausgedrückt wird: Maschinen werden von Arbeitern gebaut; Er wurde durch ihre Worte verletzt. Zahlreicher sind die zweigliedrigen Konstruktionen.

Mit dem Passiv berührt sich die Zustandsform (Stativ), die durch Verbindung sein + Partizip II gebildet wird: Er war durch ihre Worte verletzt.

In der letzten Zeit sind wichtige Arbeiten zum Problem der Diathese im Deutschen erschienen: 147; 352; 370 u. a. Doch glaube ich die in den vorigen Auflagen des vorliegenden Buches enthaltene Auffassung dieses Problems im wesentlichen beibehalten zu dürfen.

Das Passiv hat dasselbe Formensystem wie das Aktiv. Es ist nur zu bemerken, daЯ das Partizip II von werden, wenn es als Hilfsverb in den Formen des Passivs auftritt, die Gestalt worden (statt geworden) auf weist: Er ist gelobt worden Er ist stark geworden. Das Fehlen der Vorsilbe ge- lässt sich hier als verbale Abart der Monoflexion deuten oder vielleicht als Kompression. Statt der Form des Futurs I wird im Passiv noch häufiger als im Aktiv die Präsensform gebraucht. Im Perfekt und Plusquamperfekt erscheint die Passivforrn oft ohne worden, so dass sie dem Präsens bzw. dem Präteritum der Zustandsform gleicht: Als seine Mahlzeit beendet war ( = beendet worden war), kehrte er zu seiner Gesellschaft zurück. (Storni)

Sonst unterscheidet sich aber die Zustandsform von dem Passiv sehr bedeutend. Erstens bildet das Passiv eine ausgesprochen analytische Form, d. h. die Bestandteile dieser Form verlieren ihre grammatische Eigenbedeuteng. Dagegen bleibt bei den Bestandteilen der Zu­standsform ihre Eigenbedeutung völlig erhalten: sein ist kopulativ, das Partizip II bezeichnet die Eigenschaft des Subjekts. D.ie Gesamtseman­tik ist hier nur eine Summe dieser Eigenbedeutungen. Die Zustandsform ist also eine syntaktische Fügung. Zweitens drückt die Zustandsform nicht den Verlauf einer Handlung, sondern ihr Ergebnis, nicht den Vorgang selbst, sondern seine Vollendung aus. Die Tür ist geöffnet gibt nicht den Prozess des Öffnens wieder, sondern die Tatsache des Offen-Seins.

Eben der Entstehungsprozess eines Zustands, der sich im werden-Passiv ausdrückt, verursacht jene Nähe, sogar Durchdringung der Bedeutungsgehalte der Verbalform (werden) und des Partizips II, die zur Bildung einer wirklich einheitlichen, analytischen1 grammatischen Form führt. Jedoch fehlt eine analoge semantische syntaktische Intention der Verbalform (sein) und des Partizips II in der Zustandsform, so dass hier keine wirkliche analytische verbale Form entsteht, sondern das Verb sein syntaktisch-semantisch im wesentlichen kopulativ ausgerichtet bleibt. Gewiss enthält die Bedeutung des Zustandspassivs der terminativen oder perfektiven Verben (s. § 36) auch den Hinweis, dass der Ruhezustand erst nach einem Prozess, einer Handlung, eingetreten ist. Aber dieser Prozess ist im Zustandspassiv bereits ausgelöscht, aufgehoben, und das Agens der Handlung bleibt hier-vollständig aus dem Spiel. Jedenfalls bildet in solchen Sätzen die Semantik der abgeschlossenen Handlung (mit Nachdruck auf Handlung) ein Merkmal des Partizips II, nicht der Gesamtform des Prädikats (vgl. § 3; 344, 10).

Wenn sich die Zustandsform mit dem Perfekt und Plusquamperfekt des Passivs berührt, so ist das eine Folge davon, dass diese Zeitformen überhaupt gewissermaЯen resultativ, perfektiv gefärbt sind. Doch ist gewöhnlich der Unterschied zwischen Zustandsform und Passiv ganz offensichtlich: im Gegensatz zu der Zustandsform bezeichnet das Perfekt des Passivs nicht nur das Ergebnis der Handlung, sondern auch den Prozess, der zu diesem Ergebnis geführt hat: Die Tür ist geöffnet Die Tür ist geöffnet worden.


Selbstverständlich schliesst die Angabe des Ergebnisses einer Handlung auch einen Hinweis darauf ein, dass diese Handlung stattgefunden hat. Dies unterscheidet eben das von den terminativen Verben gebildete Zustandspassiv von den prädikativen Adjektiven mit demselben Grundmorphem (Die Tür ist offen), und eben deswegen werden die Partizipien II bei ihrem Gebrauch in der Zustandsform nicht als adjektivierte Wortformen bestimmt. Deshalb lässt sich die Zu­standsform solcher Art so leicht als Perfekt verwenden. Aber wenn die Zustandsform eben als solche gebraucht wird, so ist in ihr die ihr zugrunde liegende Handlung ausgelöscht und aufgehoben. Allerdings gibt es hier auch manche Übergangserscheinungen.

So ist auch beim Zustandspassiv die Einführung des Agens (als Erzeuger, Mittel oder Instrument) durchaus möglich. Z. B. Heute ist aber die Wissenschaft noch sehr viel mehr von einer ameisenhaften Betriebsamkeit erfüllt; Der Mensch ist von der Welt getrennt durch seine Haut . Dies verbindet das Zustandspas­siv mit dem werden-Passiv ganz entschieden. Auch die bereits erwähnte Leichtigkeit, mit der das Zustandspassiv die Rolle des Perfekts (bzw. Plusquamperfekts) übernimmt, lässt hier ganz klar gemeinsame Züge spüren, da es in beiden Fällen doch um Handlungen geht, die auf Objekte gerichtet sind (oder waren). Deswegen wird im vorliegenden Buch das Zustandspassiv in dem Abschnitt «Genera Verbi» behandelt, obgleich es an und für sich keine analytische Form ist. Das Zu­standspassiv ist eben eine der grammatischen Erscheinungen, die zugleich zu zwei grammatischen Feldern als ein gemeinsames Segment gehören, zu dem verbalen System der Genera Verbi und zu dem Satztyp mit dem adjektivischen Prädikativ. Ich expliziere hier diese in den früheren Ausgaben aus Raummangel nur implizit enthaltene These, da mein Standpunkt in der neueren Literatur missverstanden wurde.

Die Passivkonstruktion wird gewöhnlich der aktiven Konstruktion als ihre «Umkehrform» gegenübergestellt: Ich lobe den Schüler Der Schüler wird von mir gelobt. Aber vor einiger Zeit wur­de eine solche Auffassung des Passivs einer scharfen Kritik unterworfen. Das zahlenmäЯige Übergewicht der zweigliedrigen Passivkon­struktion und das Vorhandensein solcher Passive, die überhaupt keine Einwirkung auf das Subjekt, sondern einen Zustand bezeichnen und von den intransitiven Verben gebildet werden können (z. B. Hier wird getanzt), dienen als Beweise dafür, dass die passive Konstruktion keine Umkehr der aktiven ist, sondern eine selbständigere Rolle im verbalen System und in der Struktur des Satzes spielt.