Файл: 4. Das Problem des Analphabetismus im Roman.doc

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Добавлен: 19.12.2020

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4. Das Problem des Analphabetismus im Roman

Hanna ist Analphabetin. Das heißt, das sie gar nicht oder nur sehr schlecht lesen und schreiben kann. Dies bemerkt Michael erst in der Gerichtsverhandlungsphase. Dafür gibt es zahlreich Hinweise, die ihm aber erst in diesem Moment klar werden. Der erste Hinweis ist Hannas Bitte für sie zu lesen. Hanna verrät Michael nicht, warum er ihr vorlesen soll. Dieses Verhalten, den Analphabetismus bestmöglich zu verleugnen und zu verstecken, ist für Analphabeten typisch. Michael kann aus dieser Situation heraus natürlich noch nicht auf Hannas Analphabetismus schließen. In den Frühlingsferien Unternehmen Michael und Hanna eine Fahrradtour. Hanna überlässt die Planung Michael um nicht Gefahr zu laufen, irgendetwas schreiben zu müssen. Auf dieser Fahrt kommt es zwischen den beiden zu einem Streit, der aus Michaels Sicht völlig absurd sein muss. Er steht früh auf, und schreibt Hanna einen Zettel. Als er wiederkommt, ist Hanna stocksauer und schlägt ihn. Sie sagt, dass sie keinen Zettel gesehen hat. Wenn man Hannas Problem kennt, dann versteht man sie in dieser Situation besser. Auf dem Zettel hätte auch stehen können, dass Michael sie verlässt. Klar wird Michael der Analphabetismus in Hannas Prozess, als sie zugibt den Bericht geschrieben zu haben, es aber gar nicht getan hat. Erst bestreitet sie es, aber als sie um eine Schriftprobe gebeten wird, sagt sie die Unwahrheit, damit niemand bemerkt, dass sie weder lesen noch schreiben kann. Hanna nimmt alles auf sich, damit niemand von ihrem Geheimnis erfährt. Erst in der Haft lernt Hanna mithilfe von Michaels Kassetten und den dazugehörigen Büchern lesen und schreiben. Dass ihr dies nicht leicht fällt sieht man, als sie Michael einen Zettel schreibt, auf dem sie sich für eine Geschichte bedankt.

In den Augen des Erzählers wird die Schuld Hannas durch ihren Analphabetismus in jedem Fall relativiert. Als er überlegt, ob er den Vorsitzenden Richter über Hannas Analphabetismus informieren soll, will er dies zwar nicht tun, um Hanna von Schuld reinzuwaschen. Für ihn steht jedoch fest, dass Hanna "schuldig, aber nicht so schuldig war, wie es den Anschein hatte.

Für Hanna ist ihr Analphabetismus durch den gesamten Roman hindurch äußerst einengend und behindernd. Sie steht außerdem in starker Abhängigkeit zu anderen Menschen, da sie viele Aufgaben des alltäglichen Lebens nicht alleine meistern kann. Weiterhin ist ihr Informationsfluss deutlich eingeschränkt, denn sie kann Informationen nur über den mündlichen Weg erhalten, nicht aber über den schriftlichen (Bücher, Zeitungen).

Und tatsächlich nutzt Hanna auch nachdem sie lesen und schreiben gelernt hat intensiv ihren eigenen Verstand und beschäftigt sich mit Literatur über die NS-Verbrechen. Mit der Zeit erkennt sie ihre eigene Schuld und zerbricht schließlich.

Am Ende bringt sie sich schließlich um, vermutlich aufgrund der Erkenntnis über ihre eigene Schuld.

Man kann sagen, dass Bernhard Schlink möglicherweise Hanna als einzelne Repräsentantin all derjenigen gewählt hat, die die NS-Regierung und das System zur damaligen Zeit unterstützt haben, ohne viel darüber nachzudenken. Möglicherweise wirft er den Menschen über diesen Weg gerade dieses nicht-Nachdenken und nicht-Eingreifen - also die selbstverschuldete Unmündigkeit – vor.