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erlernen. Michael beschreibt Hanna hätte „den Schritt aus 
Unmündigkeit zur Mündigkeit getan, einen aufklärerrischen Schritt.“ 

(S. 178). Hanna empfindet für diesen Erfolg Stolz, der allerdings in 
Michael nicht die erwartete Freude und Bewunderung bringt, wie er 

selbst feststellt (S. 187).  

 
Mit ihrer neu erworbenen Fähigkeit widmet Hanna sich ihrer dunklen 

Vergangenheit: „(..) und dann hat sie mich (..) gebeten, ihr Bücher 
über Frauen in KZs zu nennen, Gefangene und Wärterinnen.“, erklärt 

die Direktorin der Haftanstalt das Interesse Hannas (S.194). 
Allerdings hat Hanna sich nicht nur mittels Literatur mit ihrer 

Vergangenheit konfrontiert, sondern auch ganz speziell mit dem 

Vorwurf beschäftigt, dass sie als KZ-Wärterin den KZ-Gefangenen, 
die in der angezündeten Kirche eingesperrt waren, jegliche Hilfe  – 

obwohl es ihr laut Gericht möglich gewesen wäre – verweigert hätte. 
„Hier im Gefängnis waren sie [die Toten] oft bei mir.“ Versucht Hanna 

dies zu verdeutlichen (S. 187). Das Resultat dieser eingehenden 
Beschäftigung zeigt im ersten Gefängnisgespräch zwischen Hanna 

und dem Erzähler besondere Wirkung. Sie stellt fest, dass weder das 

Gericht noch sonst jemand das Recht hat für ihre Vergangenheit 
Rechenschaft zu fordern, aber die Toten diese fordern könnten 

(S.187). 
 

Trotz dieser teilweise auch positiven Veränderungen, die in Hanna 

vorgehen nimmt Hanna sich das Leben. Grund dafür ist unter 
anderem auch die mangelnde Perspektive für ihre Zukunft. So ist sie 

innerlich immer noch so darauf bedacht, keinen wissen zu lassen, 
dass sie noch teilweise zu den Analphabeten zählt, da die Schrift noch 

nicht flüssig ist, und auch das Lesen noch nicht so einfach ist. Als 
Michael Hanna das erste mal in der Haftanstalt besucht sitzt sie mit 

dem Buch in den Händen auf der Bank, beobachtet aber über den 


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Rand der Lesebrille hinweg die Frau, die den Vögeln Brotkrummen 
zuwirft (S. 184). 

 
Zu diesem Zeitpunkt fehlt ihr überhaupt die Kraft, die nötig ist um 

sich eine neue Existenz aufzubauen. Zwar hat sie „ihren Ort neu 

definiert“, wie die Leiterin feststellt (S. 197), hat dies aber in einer 
sehr kraftlosen und ergebenen Weise getan. Dabei beschränkt Hanna 

ihre Tätigkeit nur auf das aller Nötigste. Ihr neudefinierter Ort ist ein 
Ort wo „Aussehen, Kleidung und Geruch keine Bedeutung mehr 

haben.“ Wie Haftanstalt-Leiterin betont (S. 197). Sie benötigt all ihre 
Kraft um sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zusetzen zu 

können. 

 
Um ihren Ort tatsächlich, für sie in vorteilhafter Weise, neu definieren 

zu können, hätte Hanna eine starke Stütze gebraucht. Doch sie muss 
erkennen, dass selbst Michael  ihr keine hilfreiche Stütze sein kann, 

was er auch selbst feststellen muss: „(..) wenn sie [Hannas Briefe] 
mich nicht einmal dazu hatten bringen können, ihr zu antworten, sie 

zu besuchen, mit ihr zu reden.“ (S. 187). Äußerlich hilft er ihr 

durchaus wie zum Beispiel durch die Beschaffung der Wohnung und 
der Leerstelle (S. 182/183). Doch Hanna braucht mehr als das, sie 

braucht das Gefühl akzeptiert und verstanden zu sein. Gegenüber 
Michael äußert sie ihren Unmut darüber: „Ich hatte immer das 

Gefühl, dass ohnehin keiner versteht, dass keiner weiß, wer ich bin 

und was mich hierzu und dazu gebracht hat.“ (S. 187). 
 

Aber nicht nur das ist es, was Hanna zu schaffen macht, sondern 
auch ihr schlechtes Gewissen, das sich durch die Beschäftigung mit 

ihrer Vergangenheit wieder „zu Wort gemeldet hat“. Dieser 
psychische Druck ist schließlich so belastend, dass dieser mit ein 

schwerwiegender Grund für Hannas Suizid ist.  


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Die emotionale Last, die auf Hanna lagert, wäre lange nicht so 
schlimm gewesen, wenn es ihr möglich gewesen wäre ihre Gedanken 

und Gefühle anderen Personen mitzuteilen. Doch Michael antwortet 
nicht auf die Briefe, die Hanna ihm schreibt, und wirkt weder 

verständnisvoll noch glaubwürdig gegenüber Hanna. Während des 

ersten Gesprächs in der Haftanstalt stellt sie zweifelnde Fragen an 
Michael, die dieser nur sehr unglaubhaft beantworten kann: „ ‚Damit 

[mit dem Vorlesen] ist jetzt Schluss, nicht wahr?’ – ‚Warum soll damit 
Schluss sein?’ Aber ich sah mich weder Kassetten für sie sprechen 

noch ihr begegnen und ihr vorlesen.“  Hanna fühlt sich also während 
des gesamten Zuchthaus-Aufenthalts mit ihren Gefühlen alleine 

gelassen, womit ihre psychische Belastung drastisch zunimmt. 

 
Zu dieser Last gehört unter anderem auch, dass Hanna sich den 

Toten einer Rechenschaft schuldig fühlt – sie hat sich Nacht für Nacht 
mit ihrer Schuld und der Forderung nach Rechenschaft 

auseinandergesetzt: „Sie [die Toten] kamen jede Nacht, ob ich sie 
haben wollte oder nicht.“ (S. 187). Später äußert Hanna das Ergebnis 

ihrer schlaflosen Nächten gegenüber Michael: „(..) Auch das Gericht 

konnte nicht Rechenschaft von mir fordern. Aber die Toten können 
es.“ (S. 187).  

Der Selbstmord scheint in Hannas Situation die einzige Lösung. Aber 
man kann vermuten, dass der Suizid eine Art Hannas war 

Rechenschaft gegenüber den Toten abzulegen. 

 
Das Buch bietet aber noch viele weitere interessante Themen, über 

die es sich lohnt nachzudenken. Man kann für sich selbst und auf mit 
einem Blick auf seine eigene Vergangenheit sicherlich einige neue 

Erekenntnisse erlangen. 


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Literaturverzeichnis: 
Bernhard Schlink – „Der Vorleser“, 

erschienen im Diogenes Verlag, 1997