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Reflexionssubstantiv
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Reflexionssubstantiv
: Substantiv, das zur Kennzeichnung
einer Textpassage als von einer Person gedacht, gefühlt,
assoziiert (jedoch nicht geäußert), als deren ↑ Reflexion
dient. Das Reflexionssubstantiv in der Reflexionsdarstellung
entspricht dem ↑ Redesubstantiv in der ↑ Rededarstellung, hat
jedoch zahlenmäßig bei weitem nicht die gleiche Bedeutung.
Reflexionsverb
: Verb, das zur Kennzeichnung einer
Textpassage als von einer Person gedacht, gefühlt, assoziiert
(jedoch nicht geäußert), als deren ↑ Reflexion dient. Das
Reflexionsverb in der Reflexionsdarstellung entspricht dem ↑
Redeverb in der I Rededarstellung, hat jedoch zahlenmäßig
und wegen der Mittelbarkeit der Kennzeichnung bei weitem
nicht die gleiche Bedeutung. Reflexionsverben sind nur zum
Teil mit den Verba sentiendi der klassischen Grammatik
identisch; bedingt durch das Eindringen der Psychologie und
der Psychoanalyse in die moderne Literatur, ist ihr Bereich
viel umfassender.
Reihung
: Oberbegriff für ↑ verbundene Aufzählung und ↑
unverbundene Aufzählung; auf größere Zusammenhänge
bezogen
auch für parataktische Verbindung von
Binzelaussagen (↑ Aussage).
Rezensieren
: erörternde Darstellungsart, die dazu dient, die
Werke der Kunst und ihre Interpretationen zu beschreiben,
zu analysieren und zu werten. Ergebnis ist die Rezension, z.
B. die Buchrezension, die Theaterrezension.
↑
Darstellungsarten, Erörtern.
Rhema
↑ unter Thema 2.
Rhetorik
f: im ursprünglichen (antiken) und dem (dialektischen)
Wesen nach auch heute gültigen Sinn die Kunst, gut, schön,
richtig, passend zu reden (Ars bene dicendi f), und zwar in einer
gesellschaftlichen Entscheidungs-situation, in der es für zwei
Parteien darauf ankommt, die an der Situation Beteiligten — das
Publikum — davon zu überzeugen, daß der Status quo im
gegebenen Zeitpunkt entweder wert sei, weiterhin zu bestehen,
oder in einer bestimmten neuen, anderen Richtung verändert
werden müsse. Die klassische Rhetorik ging nicht von einer
abstrakten Schönrednerei aus, sondern war — ob vor dem
Gericht oder vor der Volksversammlung — ein Mittel der
Meinungsbildung und der Durchsetzung bestimmter
parteigebundener Ideen und Prinzipien in der Öffentlichkeit.
Je
nachdem,
93
Rhetorik
ob sich die Gesellschaft in revolutionärer Bewegung oder in
Stagnation befand, erhob sie die Rhetorik zu einem
Instrument neuer gesellschaftlicher Aussagen oder degradierte
sie zu einem Regelwerk der Demagogie.
Aus der gesellschaftlichen Entscheidungssituation bildeten
sich drei Grundarten von origineller Rede heraus: (1) die
generelle Frage (Quaestio f), die in der gegebenen
historischen Situation gestellt wird, die Frage nach
Beibehaltung oder Veränderung des Status quo; (2) die
Darstellung der Situation, des Status quo, durch Vertreter der
streitenden Parteien; (3) die Rede desjenigen (oder
derjenigen), der auf Grund der gesellschaftlichen Position die
Macht und Kraft hat, die Entscheidung in diesem oder jenem
Sinn zu fällen.
Ausschlaggebend für den ↑ Effekt der Rede ist der Wille
(Voluntas f), die gesellschaftliche Absicht (↑ Aussageabsicht),
die Macht und Kraft, die hinter dem Redner und seiner Rede
steht, nicht die Schönheit (↑ Ornatus
m),
die ↑ Disposition
oder die ↑ Komposition. Allerdings haben in der konkreten
Redesituation Disposition und Komposition, ↑ Amplifikation
und Ornatus eine große Bedeutung, da sie die Durchsetzung
des pragmatisohen Prinzips ermöglichen, des Prinzips, die
(wahre) Aussage für das Publikum überzeugend wirksam zu
machen. Zum (wahren.) Inhalt der Aussage muß sich die
Wirksamkeit der Aussage im Publikum hinzugesellen.
Aus der Haltung der Parteiredner gingen drei Gattungen von
Parteirede hervor, die nach aristotelischer Begriffsbestim-
mung heißen: die judiziale Gattung, die deliberative Gattung
und die epideiktische Gattung. (1) Die judiziale Gattung klagt
an und verteidigt; sie hat als Modellfall die Rede eines
Anwalts vor Gericht. (2) Die deliberative Gattung rät zu oder
rät ab und hat als Modellfall die Rede des Vertreters einer
politischen Partei vor der Volksversammlung. (3) Die
epideiktische Gattung lobt oder tadelt; sie hat als Modellfall
die Festrede auf eine zu lobende Person (Laudatio f).
Die Verarbeitung (Tractatio f) des Stoffes (Materia f) unter-
scheidet fünf Stufen: (1) die Stoffsammlung und das Finden
von Beweisgründen (Inventio f), (2) die Anordnung und
Gliederung des gesammelten Materials (Dispositio f), (3) die
sprachliche Formulierung und stilistische Ausgestaltung
(Elocutio f),
rhetorische Figuren
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(4) die Aneignung der Rede durch Auswendiglernen (Memoria
f), (5) die Kunst der gestenreichen Deklamation beim Vortrag
(Pronuntiatio f). Eng miteinander verbunden sind die ersten
drei Stufen.
Im Altertum hatte die Rhetorik für das praktische politische
Leben große Bedeutung. Die Sklavenhalterdemokratie
Griechenlands forderte vom freien Bürger die Beherrschung
der Redekunst. Redner standen in hohem Ansehen, z. B.
Perikles, Empedokles, Isokrates, Demosthenes. In Rom wirkte
der aus Spanien gebürtige Quintilian (um 35 bis vor 118) als
erster öffentlicher und vom Staat besoldeter Lehrer der
Beredsamkeit; er schrieb die „Institutio oratoria" eine zwölf
Bücher umfassende Anleitung zum Studium der
Beredsamkeit.
rhetorische Figuren,
auch
Redefiguren, Stilfiguren:
Figuren
der gedanklich-sprachlichen Darstellung, die lexisch oder
syntaktisch von der üblichen Ausdrucksweise abweichen. Die
rhetorischen Figuren werden herkömmlicherweise in zwei
Gattungen gegliedert: (1) Figuren, die statt der Bezeichnung
bzw. der Sache eine Ersatzbezeichnung bzw. eine Sache, die
mit jener in irgendeiner Beziehung steht oder gedacht werden
kann, setzen. Eine solche Figur ist z.B. der ↑ Tropus. (2)
Figuren, die sich durch ihre besondere syntaktische Stellung
oder durch originelle Verbindung ihrer Einzelglieder
auszeichnen. Solche Figuren sind z. B. die ↑ Klimax, die
Formen der ↑ Wiederholung, das ↑ Hysteron-Proteron. Die
Klassiflzierung ist insofern unzureichend, als es Figuren gibt,
die nicht diesen beiden Gruppen zugeordnet werden können,
z. B. ↑ Antithese, ↑ rhetorischer Einwand, ↑ Isolog.
rhetorlsche Floskeln
f
pl:
1.
bedeutungsarme oder -leere
Fügungen und Satzteile in einer Rede. —
2.
Formulierungen,
die der Vorbereitung oder Hervorhebung einer folgenden
Aussage dienen, z. B.
Meiner Auffassung nach / Lassen Sie mich
daran erinnern / Gestatten Sie mir / Ich darf sagen / Ich würde
sagen / Man braucht kaum ein Wort über . . . zu verlieren / Es
muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden.
Solche
Floskeln geben dem Publikum mitunter Zeit, sich auf
Wesentliches zu konzentrieren; sie sind auch manchmal für
das Verständnis wichtig:
Ich möchte nun sprechen über . . .
Auch Zwillingsformeln sind oft Floskeln. ↑ Zwillingsformel, ↑
auch Floskeln, Vorreiter.
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Rückgriff
rhetorische Frage: 1.
im eigentlichen Sinn (als eine ↑
Immutatio syntactica) Aussage in grammatischer Form einer
Frage; Scheinfrage, die inhaltlich von selbst beantwortet
wird, praktisch eine nachdrückliche Aussage, die stille
Bestätigung erfordert (wobei die gedachte Antwort
verneinend ausfallen kann). — 2. abwartend-provozierend:
gestellte Frage, von der der Fragesteller annimmt, sie könne
vom Befragten nicht beantwortet werden.
rhetorischer Einwand: 1.
selbstvorgebrachter Einwand oder
Eingehen auf tatsächliche oder mögliche Einwände gegen eine
bestimmte Auffassung zum Zweck der Entkräftung des
möglichen Einwands
(Man könnte dagegen einwenden). —
2. auch
für bekräftigende Unterbrechung der eigenen Rede und
Bezugnahme auf den Erfahrungsbereich des Publikums
(Sie
erinnern sich / Sie wissen doch),
in diesem Sinne eine Form der
↑ Anrede.
rhetoriseher Stll:
oft als Form einer sprachliohen Äußerung
verstanden, die so gefaßt ist, als wende sich der Äußernde von
einer Tribüne an das Publikum. ↑ auch mündlicher Stil.
Rhythmns
↑ Sprachrhythmus.
Ringbau
↑ Rahmenbau.
Rückblende:
Überwechseln aus der ↑ Zeitebene eines Textes
in eine reale oder fiktive frühere Zeitebene, urn den Ablauf
eines früheren Geschehens eingehend und relativ selbatändig
darzustellen. Bei präteritalem Grundtempus erscheint die
frühere Zeitebene ebenfalls im Präteritum; der Übergang wird
in einem fortlaufenden Text über das Plusquamperfekt und
Zeitadverbien vorgenommen, die unbemerkt wieder ins
Präteritum führen können. ↑ Rückgriff, Vorgriff,
Tempuswahl, ↑ auch Nachholtechnik.
Rückgriff:
kurzes Ausweichen aus der ↑ Zeitebene eines
Textes,
Erwähnung oder kurze Ausführung von
Geschehnissen oder Zuständen, die vor dem augenblicklich
Dargestellten liegen. Rückgriffe erfolgen bei präteritaler
Darstellung meist vollständig im Plusquamperfekt, bei
präsentischer im Perfekt. ↑ Rückblende, Vorgriff,
Tempuswahl, ↑ auch Nachholtechnik.
Sachvergleicb
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S
Sachvergleich:
Form des ↑ Vergleichs, die ähnliche
Erscheinungen, Handlungen, Prozesse usw., mit objektiven,
zwingenden gemeinsamen Eigenschaften nebeneinandersetzt
mit dem Ziel, die sachliche und gedankliche Hauptlinie der
Darstellung klarer, faßbarer und überzeugender zu machen.
Der Sachvergleich umfaßt eine weite Skala von
Möglichkeiten, die von der Veranschaulichung von
Zahlenwerten
(Die Unfallziffer des Monats Juli liegt damit um . .
. Prozent höher als . . .)
bis zum historischen Vergleich als
Analogiebeweis reicht
(So hatten . . . Cromwell und das englische
Volk dem alten Testament Sprache, Leidenschaften und Illusionen
für ihre bürgerliche Revolution entlehnt. Als das wirkliche Ziel
erreicht, als die bürgerliche Umgestaltung der englischen
Gesellschaft vollbracht war, verdrängte Locke den Habakuk
[Marx]). ↑ bildlicher Vergleich, Tertium comparationis,
Beispiel.
Satzabbruch
↑ unter Gedankenabbruch.
Satzbruch,
Anakoiuth n:
Folgewidrigkeit im grammatischen
Satzbau. Die Fortführung des Gedankens fällt aus der Kon-
straktion des Satzanfangs heraus, so daß die grammatische
Beziehung von Anfang und Ende gestört ist. Der Satzbruch ist
kennzeichnend für den mündlichen ↑ Alltags[sprach]stil (↑
auch mündlicher Stil). Im ↑ schriftlichen Stil gilt er als
Stilfehler, sofern er nicht ↑
charakterologischer Ausdruck ist, z.
B.
Ja, also was ich sagen wollte: ich wollt Ihnen doch erzählen,
was mir da neulich passiert ist. Ich komm also — ah, endlich, die
Suppe! Guten Appetit! tu auf — ich komm also nachm Theater,
ich glaube, es war im Schauspielhaus, nein, doch nicht . . . im
Deutschen Theater, richtig, komm ich raus . ..
(Tucholsky).
Satzggliedfolge
↑ Normalfolge, stilistische Satzgliedfolge.
Satzkette
↑ suprasyntaktische Einheit.
Satzklammer
↑ Klammerung.
Satzkonstanz
f: Bezeichnung Brinkmanns für die inhaltliche
Weiterwirkung eines Satzes in einem Gespräch. Satzkonstanz
erlaubt syntaktisch unvollständige Formulierung einer Ant-wort
oder einer Frage sowie syntaktische Nachträge durch den
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Satzname
Partner, z. B.
„Wandern Sie viel?" — „Ja, früher vor allem.
Jetzt kaum noch."
In beiden Sätzen der Antwort fehlen Satz-teile
(bin ich gewandert / wandere ich).
Es sind häufig verbale
Inhalte, die nicht wiederholt werden.
satzmäßige Absonderung,
Isolierung:
Fixierung eines Satzteils
oder der näheren Bestimmung zu einem Satzteil in einem
selbständigen Satz. Die aus dem Satzverband
herausgehobenen Teile erhalten besonderen Nachdruck.
Formen solcher Absonderung sind: (1) die einfache Trennung,
z. B. einer Adverbialbestimmung
(Dafür hast du doch gekämpft.
32 Jahre.)
oder eines Gliedsatzes
(Damals hatte man seinen
Vater. Wenn es dunkel wurde. Wenn man ihn auch nicht mehr sah
in der violetten Dämmerung
[Borchert]); (2) die teilweise
Wiederholung des Bezugssatzes
(
↑
auch Anadiplose), z. B.
Isolierung eines Objekts oder einer Adverbialbestimmung
(Er
kämpfte. Kämpfte unerbittlich.)
oder Präzisierung einer
Adverbialbestimmung
(Diese Abende sind violett in den Straßen.
In den engeren Straßen der Stadt jedenfalls
[Borchert]); (3) die
abgewandelte Wiederholung, z. B. die präzisierende Isolierung
eines erläuterten Subjekts
(Es muß wohl nicht ausdrücklich
gesagt werden, daß im Tristan der Schriftstetter Detlev Spinell
die Hauptfigur ist. Die Figur, auf die es ankommt. Die Figur, um
derentwillen die Erzählung geschrieben ist
[Rilla]); (4) als
Sonderfall die satzmäßige Trennung fortführender Relativsätze:
Ein Korporal . . . erzählt das Abenteuer seines Lebens, und es
wird gesagt, ,,daß er erst jetzt, in dieser Minute, an diesem
Tisch sein vergangenes Leben abschloß". Worauf es weiter
heißt: „ ... "
[Rilla]). Der abgesonderte hypotaktisch geformte
Gedanke
(Worauf
...) bildet bereits einen selbständigen
Sinnkomplex (↑ Redeeinleitung mit weiterer zitierter Rede),
der jedoch durch die übersatzmäßige grammatische Zuordnung
(f suprasyntaktische Einheit) mit der vorangegangenen
Redeeinleitung
(wird gesagt)
auf die übergeordnete ↑
Redekennzeichnung
(erzählt dsa Abenteuer)
bezogen wird;
völlige Lösung
(Darauf heißt es ...)
hätte die weiteren
Zitatsätze unberechtigterweise getrennt.
Satzname:
Sonderfall der Wortbildung, bei dem Sätze zur
Worteinheit zusammengezogen und substantiviert werden:
Taugenichts, das
Sich-unterm-Hemd-Kratzen-auf-der-Brust
(Brecht).
7 Stilkunde
Satzperiode
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Satzperiode
↑ unter Komposition.
Satzplan
: anwendbares syntaktisches Schema, das zugleich
Mittel der syntaktischen Sprachgestaltung (↑ Komposition) und
der gedanklichen Sinnordnung ist; Schema der Satzgliedfolge,
Struktur des Satzes. Als normaler Satzplan wird im Hauptsatz
traditionell die Folge Subjekt — Prädikat — Dativobjekt —
Akkusativobjekt bezeichnet:
S. gab dem Neuen das Material.
In
dieser Folge ist kein Element der Aussage besonders hervor-
gehoben, wenn davon abgesehen wird, daß das relativ wichtigste,
der Gegenstand des Gebens, am Satzende steht (↑ Endstellung).
In einem davon abweichenden Satzplan verschiebt sich der
Akzent der Aussage. In dem Satzplan Subjekt — Prädikat —
Akkusativobjekt — Dativobjekt
S. gab das Material dem Neuen
nimmt das Dativobjekt eine betonte Stelle ein (↑ stilistische
Endstellung). Die Gedanken werden in eine bestimmte Richtung
gelenkt, das letzte Satzglied
(der Neue)
würde in einem nach-
folgenden Satz normalerweise Satzgegenstand (↑ Thema 2) sein
(. ..
dem Neuen. Der griff schnell zu).
Eine Nachdruckstelle liegt
auch am Satzanfang (↑ Anfangstellung):
Dem Neuen gab S. das
Material.
Es gibt also verschiedene mögliche Satzpläne. Sie können be-
dingt sein durch den ↑ Kontext, durch die logische Gedanken-
folge (↑ Anschlußstellung), durch stilistische Hervorhebung (↑
stilistische Satzgliedfolge) oder durch rhythmische Erwägungen.
Satzrahmen
↑ unter Klammerung.
Satzspannung
: Erwartung in bezug auf die formale Vollendung
eines Satzes, zu unterscheiden von der durch den Inhalt bedingten
Spannung. Jeder Satz enthält bis zu seinem Aufschluß im
Prädikatsteil oder in notwendigen Zuordnungen Spannung. Diese
Spannung besteht jeweils für die Dauer eines Satzes und wird mit
jedem Satz neu erweckt. Die Satzspannung ist bei nahezu
gleichzeitiger Hör- oder Lesbarkeit
(Sonne scheint)
faktisch gleich
Null. Gering ist sie in kurzen erweiterten Sätzen
(Du warst einer
der besten Jungarbeiter).
Sie wächst von Satzglied zu Satzglied
und nimmt besonders bei ↑ Parenthese und Satzperiode (↑
Komposition) zu. Wichtig für die Satzspannung ist die Distanz
zwischen den Teilen des Prädikats; ein Satz mit entzweitem
Prädikat birgt sogar die Möglichkeit der Über-
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Satzunterbrechung
raschung:
Die Profitrate stieg in dieser Zeit der alles erfassenden
Krise, der Massenarbeitslosigkeit, des Hungers: trotzdem an / zwar
nicht an, aber ...
Unerwünschte Satzspannung kann eintreten, wenn die eigentliche
Aussage des Satzes im substantivischen Prädikatsteil an letzter
Stelle im Satz erfolgt, während außer dem Urheber des
Geschehens auch Begleitumstände, Zeitpunkt, Ort, Art und Weise
des Geschehens ausführlich dargestellt werden, z. B.:
Immer
wieder von temperamentvollen Beifallskundgebungen unterbrochen,
hielt das Mitglied des Präsidiums, Professor A. N., am
Dienstagabend auf der Schlußsitzung der indischen Parla-
mentarier-Konferenz für Frieden und Abrüstung in Neu-Delhi eine
vielbeachtete Rede.
Die eigentliche Aussage
(eine Rede)
erfolgt
mit dem letzten der 31 Wörter, wie eine logische Analyse der
Satzstruktur zeigt: Begleitumstände / (finites Verb als
Tempuszeichen) / Wer? / Wann? / Wo? / Bestimmung des Wo /
Qualität / Was? (Aussage). Um Überspannung und aufkeimende
Mißverständnisse zu vermeiden, wird in solchen Fällen der vom
Prädikat eingeschlossene Satzteil, soweit möglich, ausgeklammert
(↑ Ausklammerung). Ein Satz kann trotz formalen Abschlusses
noch Satzspannung enthalten, Erwartung auf eine Fortführung
bzw. Vollendung des Gedankens auslösen. Satzspannung dieser
Art, Übersatzspannung, entsteht z. B. bei ↑ Redewiedergabe, wenn
die Rede nur mittelbar und nachträglich gekennzeichnet wird (↑
Redekennzeichnung), da die Redewiedergabe formal vom ↑
Redekennzeichnungswort abhängt
(Er sei mit . . . einverstanden.
Man könne . . . Deshalb sei . . . Er habe auch . . . Dies sagte A.
K.).
Durch eine solche Übersatzspannung gebundene Einheiten
bilden ↑ suprasyntaktische Einheiten. Nach rückwärts kann eine
Art formaler Spannung durch die ↑ Satzkonstanz entstehen. ↑ auch
Zuordnungshäufung.
Satzunterbrechung
: Dazwischentreten einer Nebenaussage in
die eigentliche Aussage des Satzes an einer ungünstigen Stelle.
Der Leser oder Hörer empfindet mit Beginn des Einschubs die
Aussage als abgeschlossen und muß seine Meinung nachträglich
berichtigen:
„Herr M. war zu Hause", so sagte A., „nicht an-
zutreffen." / Die Zahl der Verkehrsunfälle stieg, als die Sicht
vielerorts nur 20 Meter betrug, nicht an.
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Satzverflechtung
100
Satzverflechtung: Verflechtung und gegenseitige Abhängigkeit
einzelner Sätze eines Gedankenkomplexes, bedingt durch die
besondere Stellung der Satzglieder innerhalb der Sätze. Bei
Satzverflechtung ist der einzelne Satz zwar grammatisch richtig,
ergibt aber keinen vollständigen Sinn bzw. macht bewußt, daß
es sich um einen Teil einer umfassenderen Äußerung handelt, z. B.
Den Vater sehe ich
(Man erwartet etwa:
Aber . .
.). Oder:
Ich
schenke das Buch dir
(Fortsetzung etwa:
Er bekommt dafür
...).
Oder:
Dir schenke ich das Buch
(vorausgehend oder folgend:
Er bekommt ein . . .).
Satzverflechtung ist für eine eingängige
Darstellung notwendig. Im Mündlichen kann sie durch Intonation
kompensiert werden:
Ich sehe den Vater.
Eine Form der
Satzverflechtung ist auch die ↑ Satzkonstanz. ↑ auch Kontext 1,
kontextuale Mittel.
Schachtelsätze
: Sätze mit mehrfach ineinandergeschobenen
Satzgliedern. Sie gelten als Stilfehler, wenn die ausgedrückten
Beziehungen nicht überschaubar sind oder wenn durch das Ver-
schachteln mehrere verschiedene Prädikate aufeinander-folgen.
Schildern
: Sonderart des ↑ Beschreibens, literarisches Be-
schreiben; Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor das
Körperhafte, Bäumliche, Gegenständliche mittels einfallsreicher
Kunstgriffe in eine zeitliche Abfolge von einzelnen
Handlungsmomenten auflöst. Während er mittels des Be-
sehreibens ein Ganzes in seine Teile gliedert und auf diese Weise
die Einzelteile in aller Deutlichkeit vor Augen führt, versetzt er
mittels des Schilderns den Leser, Hörer oder Zuschauer in den
Status des Augenzeugen, indem er das „Koexistierende des
Körpers" (Lessing) in ein Nacheinander der Einzelteile auflöst
und damit das Ganze erfassen läßt. Vorbildlich geschildert ist
der Schild des Achill, den Homer als werdenden Schild be-
schreibt, nicht als fertigen, vollendeten Schild. Homers Kunst-
griff dabei ist, daß er nicht den Schild vorstellt, sondern den
Meister, wie dieser den Schild verfertigt. Das Schildern wird in
seinem ↑ Effekt gemindert, wenn durch die Aufnahme sub-
jektiver Eindrücke und Assoziationen seitens des Sprechenden
oder Schreibenden der relativ objektive Charakter der Wirklich-
keitswiderspiegelung, den das Schildern als beschreibende Dar-
stellungsart hat, an Intensität verliert. ↑ Darstellungsarten.
101
schriftlicher Stil
Schlagworte: Wörter oder Wendungen, die aktuelle gesellschaft-
liche Forderungen zum Ausdruck bringen, z. B.
wissenschaftlich-
technischer Fortschritt, komplexe Rationalisierung.
Die Wirkung
des Schlagworts wurde und wird von Demagogen mit Vorliebe
mißbraucht:
Selbstbestimmungsrecht, Heimatrecht.
Schlagzeilenexzerpt
: eine Art der ↑ abstrahierten Rede. Das
Schlagzeilenexzerpt nimmt einen wichtigen Gedanken aus
Äußerungen in der ↑ Perspektive der ↑ direkten Rede auf und
verdichtet ihn zu überschriftartiger Form (↑ Telegrammstil), zum
Beispiel:
Metaller: (Der) Kampf geht weiter.
↑ Exzerpt.
schließende Aufzählung
: mehrgliedrige Wortgruppe, die durch
die konjunktionale Verknüpfung der beiden letzten Glieder
inhaltlich relativ abgeschlossen, aber stilistisch merkmallos ist, z.
B.
Porträts, Notizen, Tagebuchblätter, Geschichten und Episoden..
Schreibe
: sohriftliche Mitteilungsform im Unterschied zur münd-
lichen (↑ Rede 3). Schriftliche und mündliche Mitteilungsform
bedingen potentiell unterschiedliche Stile, den ↑ schriftlichen Stil
und den ↑ mündlichen Stil.
Schreibstil
: ↑ schriftlicher Stil.
schriftlicher Stil
, mißverständliche Bezeichnung
Schreibstil:
durch
die schriftliche Kommunikationsart bestimmter Stil im
Unterschied zum ↑ mündlichen Stil. Der schriftliche Stil ist infolge
der Eigenheiten graphischer Mittel gegenüber akusti-schen,
mimischen und gestischen Mitteln vom mündlichen Stil potentiell
verschieden. Bestimmend ist für ihn die Möglichkeit, die
gedankliche Struktur von der kleinsten bis zur größten Sinn-einheit
graphisch zu bezeichnen (Komma, Semikolon, Paren-thesezeichen,
Punkt, Absatz, Sternchen, Initiale usw.), einzelne Begriffe und
größere Aussagen beliebig abstufend hervorzuheben (Sperrung,
Unterstreichung, Versalien, Auszeichnungsschriften, Farbschrift,
Einrückung usw.) sowie — auf der Seite des Lesers — die
Möglichkeit, den Text zu überschauen, das Tempo der Rezeption
selbst zu bestimmen und den Text beliebig oft aufzunehmen.
Schriftliche Darstellung weist deshalb potentiell größere ↑ Dichte
und höhere Abstraktion, stärker nominalen Charakter auf; sie darf
auf einprägende Wiederholung verzichten — Wiederholungen sind
oft sogar störend und bedürfen der Bezeichnung
(wie bereits
erwähnt
usw.); sie