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Präteritalattraktion
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fuhren wir zum Wintersport ins Erzgebirge. Das waren herrliche
Tage! Unser Haus stand mitten in einem dichten Wald. Die
Bäume waren tief verschneit.
Präteritalanziehung in einem
anderen Sinn gibt es auch bei ↑ erlebter Rede und ↑ erlebter
Reflexion, indem etwas vom Gesichtspunkt der dargestellten
Person Gegenwärtiges (eine damals „gegenwärtige"
Äußerung, Empfindung, Vorstellung usw.) im Präteritum des
Autors (↑ auch episches Präteritum) dargestellt wird.
Präteritalattraktion
↑ Präteritalanziehung.
Präteritum
↑ episches Präteritum, Tempuswahl.
Präzision
: Genauigkeit der Bezeichnung gegenüber der
bezeichneten Sache, der Mitteilung gegenüber dem
tatsächlichen Sachverhalt. Präzision äußert sich im exakten
Gebrauch der Terminologie, in der Eindeutigkeit der
Darstellung von Bezügen. Präzision ist geforderte Eigenschaft
wissenschaftlicher,
wissenschaftlich-literarischer und
publizistischer Darstellung. Zum Beispiel ist der Gebrauch
oder Nichtgebrauch des Artikels nicht immer eine Frage
sprachlicher Ökonomie oder Eleganz, sondern auch der
Präzision; er kann auch zu falschen Verallgemeinerungen
beim Empfänger führen. Von größter Bedeutung ist Präzision
auf dem Gebiet der ↑ Synonymie. Einerseits kann die
Nennung nichtexakter Synonyme in einer umschreibenden,
einkreisenden Definition (↑ Periphrase) gerade der
Präzisierung des erläuterten Begriffs dienen; andererseits ist
es z. B. ein Trick politischer Demagogie, Wörter als
Synonyme zu gebrauchen, die die Sache entstellen und damit
vom Wesen ablenken, so, wenn statt sozialer Kämpfe (in den
USA) von
Rassentumulten,
wenn statt von Nationaler
Befreiungsfront (in Vietnam) ausschließlich von den
Kommunisten
die Rede ist. In anderen Zusammenhängen führt
formal (z. B. durch ↑ Stabreim) erzwungene Synonymie zu
vorübergehenden Mißverständnissen, so, wenn bei einem
DDR-Hafen von
Mauer und Menschen, Kai und Kränen
gesprochen wird, obwohl hier
Mauer
und
Kai
dasselbe meinen.
↑ sprachliche Aussage und formal-logische Aussage.
Professionallsmus
: Fachausdruck unterschiedlicher ↑ Stil-
schicht; zusammenfassende Bezeichnung für (offiziellen) ↑
Terminus und fachlich begrenzten Jargonismus (↑
Fachjargonismus). ↑ Stilfärbung.
83
Quaestio
Prolepse
f: Vorwegnahme eines Satzglieds und Neuansatz der
Konstruktion. Sie dient der Hervorhebung:
Kollege A., das ist
ein prächtiger Mensch.
In der Versdichtung sind auch Gründe des
Rhythmus mitbestimmend
(Und der Haifisch, der hat Zähne ...
[Brecht]).
Pronuntiatio
↑ unter Rhetorik.
Propositio
↑ unter Syllogismus, Dreiteilung.
Protasis
↑ unter Komposition.
Provinzialismus
: veraltete und doppeldeutige Bezeichnung; 1.
(sozial) eine nur in der „Provinz" — im Gegensatz zur Haupt-
stadt — übliche Sprachform. — 2. (territorial) die auf eine
bestimmte Landschaft begrenzte Sprachform, ein ↑ Dialektis-
mus. ↑ Stilfärbung.
Publikum
: Öffentlichkeit; Leser-, Hörer-, Zuschauerkreis. Das
Publikum muß die Sprachformen des Autors bzw. Redners
zumindest empirisch beherrschen. Ein Beherrschen der in
Rede und Text verwandten Stilformen ist beim Publikum
nicht notwendig. Praktische Beherrschung und theoretische
Erkenntnis der Stilformen sind Sache des Autors bzw.
Redners. publizistischer Sprachstil: Sprachstil der Publizistik,
der öffentlichen Meinungsbildung. Die Existenz eines
publizistischen Sprachstils wird zum Teil bestritten, zumal es in
der Publizistik, zu der neben dem Journalismus auch die
politische, wissenschaftliche und künstlerische nichtperiodische
Literatur zu aktuellen Fragen gezählt wird, sehr
unterschiedliche Genres mit sehr unterschiedlichen Formen und
Zwecken gibt — von der wissenschaftlichen Darstellung über
die Nachricht bis zur künstlerisch geformten Mitteilung.
Andererseits läßt sich für die Masse des publizistischen
Schaffens eine gemeinsame Funktion feststellen: die öffentliche
Meinung zu bilden, Überzeugungen zu vermitteln. Sie prägt
den Charakter publizistischer Aussagen, wenn auch nicht
immer den Sprachstil. ↑ Bereichsstil.
Q
Quaestio
↑ unter Rhetorik.
6*
Rahmenbau
84
R
Rahmenbau,
Ringbau:
Hilfsbezeichnung für die komposi-
torische Rahmung eines Textes. Ein Gedanke bzw. eine Ge-
dankenstruktur erscheint zu Beginn und am Ende eines
Textes. Rahmenbau kann sich lexisch in ↑ umrahmender
Wiederholung, grammatisch in der Verwendung eines
besonderen Tempus („Rahmen-Perfekt" bei Präteritum,
„Rahmen-Präteritum" bei historischem Präsens), gedanklich z.
B. im ↑ Syllogismus oder — im Großkontext — als
Rahmenerzählung äußern. Nicht zu verwechseln ist der
Rahmenbau mit der auch als Rahmung bezeichneten
syntaktischen ↑ Klammerung.
Rahmung
↑ Klammerung.
Ratio
f
: Argument, argumentierender Gedanke, Beleg, ver-
nünftiger Grand; Gedanke, der im Syllogismus dem ↑
Hauptgedanken begründende oder erläuternde Argumente
hinzufügt. ↑ Nebenaussage.
Rationalität:
mögliche Bezeichnung für die Summe der
rationalen, d. h. der auf Vernunftserkenntnis gegründeten
Elemente eines ↑ Textes; Anreicherung des Textes durch
wissenschaftliche Aussageteile; als Summe der rationalen
Textanteile eine wesentliche Komponente der ↑ Expressivität.
Rede: 1.
im Sinne der allgemeinen Sprachwissenschaft
(nach einer Unterscheidung von de Saussure) die konkrete
Anwendung, Aktualisierung des Sprachsystems (frz. parole)
im Unterschied zum Sprachsystem selbst (frz. langue). Jeder
Stil einer sprachlichen Äußerung ist in diesem Sinne Redestil
(↑ Redestil 1). — 2. bei der ↑ Redewiedergabe bzw. ↑
Rededarstellung eine dargestellte schriftliche oder mündliche
Äußerung. — 3. in Stilistik und Schulgrammatik oft die
mündliche Äußerung im Unterschied zur schriftlichen, zur ↑
Schreibe. In diesem Sinne ist jeder Stil entweder Redestil
(eindeutig: ↑ mündlicher Stil) oder Schreibstil (eindeutig: ↑
schriftlicher Stil). — 4. verbreitet auch offizielle Äußerung vor
einem größeren Publikum. Für Rede in diesem Sinne,
insbesondere für die Rede des Anklägers und des
Verteidigers vor Gericht, galten ursprünglich viele der noch
heute verwendeten Stiltermini; sie bezeichnen Stilmittel der
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Redegestaltung
antiken
↑
Rhetorik, deren Überbewertung zu
unangemessenem ↑ rhetorischem Stil führt.
Rede als Tatsache
↑ unter erlebte Rede.
Redebericht:
Methode und Form der ↑ Redewiedergabe, bei
der unter ständiger Nennung des Urhebers über die Äußerung
berichtet wird, z. B.:
A. (der Redner
u. ä.)
erklärte sich damit ein-
verstanden. Er bezeichnete die Leistung als hervorragend; er unter-
stützte den Vorschlag. Als besonders verdienstvoll wertete er (A.)
die Ausarbeitung der theoretischen Grundlagen.
Dem Redebericht
kann ein weitgehend identischer Wortlaut zugrunde liegen (hier
etwa:
,,Ich erkläre mich . . . Die Leistung ist hervorragend, ich
unterstütze . . . Für besonders verdienstvoll halte ich
..."), er kann
aber auch Resümee des Wortlauts oder nur Themaangabe
(A.
sprach über den Vorschlag)
sein; die ↑ Dichte der Wiedergabe
ist unterschiedlich. Im Journalismus wird der Redebericht
oft kombiniert mit ↑ Teilzitat und ↑ indirekter Rede. Nicht
identisch ist der Redebericht mit der ↑ berichteten Rede.
Rededarstellung:
möglicher Oberbegriff für tatsächliche ↑
Redewiedergabe und literarisch-fiktive ↑ Redegestaltung. Unter
Rede ist hier sohriftlich oder mündlich Geäußertes (↑ Rede
2), darunter auch Gespräch und ↑ Dialog, zu verstehen. Die
darzustellende Äußerung bedarf der ↑ Redekennzeichnung.
Von der Rededarstellung zu unterscheiden ist die Darstellung
nicht geäußerter Gedanken, Gefühle und Assoziationen, die ↑
Reflexionsdarstellung. Rede und Reflexion bilden ↑
personalen Text oder ↑ Autor-Personen-Text.
Redeeinführung
↑ Redeeinleitung.
Redeeinkleidung:
bildhafte Bezeichnung für ↑ Redekenn-
zeichnung.
Redeeinleitung,
Redeeinführung:
die einer dargestellten
Äußerung voraufgehende ↑ Redekennzeichnung
(A. sagte
..
.), in
einem weiteren Sinne auch die Redekennzeichnnng
allgemein. Diese Verwendung ist jedoch für bestimmte Fälle
der ↑ Redewiedergabe, z. B. für das ↑ Spitzenzitat,
unangemessen.
Redefiguren
↑ rhetorische Figuren.
Redegestaltung:
mögliche spezielle Bezeichnung für die Dar-
stellung von Äußerungen (↑ Rede 2) in künstlerischer Literatur
Redekennzeichnung
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im Unterschied zur ↑ Redewiedergabe, deren Gegenstand reale
Äußerungen sind. In einem weiteren Sinne kann auch die
Redegestaltung als Redewiedergabe oder wie diese
allgemeiner als ↑ Rededarstellung bezeichnet werden. Sie
bedient sich derselben Grundformen wie die Redewiedergabe
(↑ direkte Rede, indirekte Rede, Redebericht, Inhaltsangabe),
allerdings in anderer Gewichtung, so besonders der erlebten
Rede (↑ erlebte Rede 1). Unter dem Einfluß des Französischen
und falscher Terminologie (↑ erlebte Rede 2) wird unter
Redegestaltung auch die Darstellung nicht geäußerter ↑
Reflexion (Gedanken, Gefühle, Assoziationen), die ↑
Reflexionsdarstellung, verstanden; die Unterscheidung von
Rede und Reflexion ist jedoch zumindest für dokumentarisohe
Texte wichtig.
Redekennzeichnung
: Kennzeichnung eines Textes oder
Textstücks als Äußerung, und zwar als nicht selbst geäußert oder
als selbst zu einem anderen Zeitpunkt geäußert (↑
Rededarstellung). In ihrer Grundstruktur besteht die
Redekennzeichnung aus dem Namen der sich äußernden Person
oder aus einem Pronomen bzw. einem ↑ kontextualen Synonym
für die Person — oft aus einem die Person vertretenden ↑ Tropus
— und einem Wort, das ein Äußern bezeichnet (↑
Redekennzeichnungswort), z. B.
K. sagte: „...“
. Die
Redekennzeichnung kann vor der wiedergegebenen bzw.
dargestellten Rede erfolgen, d. h. die Rede einleiten (↑
Redeeinleitung), sie kann die Rede unterbrechen oder der Rede
folgen (... ,
sagte K.;
↑
auch Spitzenzitat). Von solch einfacher
Form und Stellung der Kennzeichnung hat sich jedoch
insbesondere der Journalismus in zunehmendem Maße entfernt;
er bedient sich oft der mittelbaren oder kon-textualen
Redekennzeichnung in formal selbständigen Sätzen. Einfachste
Art ist die nachgestellte Redekennzeichnung mit einem
Demonstrativpronomen: ,,..."
Dies stellte A. ... fest.
Nächste Stufe
ist die nominale Fassung, die zugleich Aussagen über Qualität
und Folgen der Äußerung ermöglicht:
„ ... "
Diese Feststellung A.s
[traf den Kern
... ]. Das Redekennzeichnungswort muß dann nicht
mehr ↑ Ansehlußstellung einnehmen; es kann überdies ein Äußern
in sehr allgemeiner Form erfassen: ,, ... "
Der Vorsitzende des ... , A.
K., versuchte mit diesem Vergleich ...
Ähnliches gilt für die
vorangestellte Kennzeichnung. Sie kann eine allgemeine
Themaangabe, die ein Äußern ein-
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Redekennzeichnunggwort
schließt, oder schon selbst ↑ Redebericht sein:
A. sprach mit B.
über .
..
[Die Sache sei . .
.]. Auch hier muß das Äußern nicht
direkt in Form eines ↑ Redeverbs bezeichnet werden:
A. setzte
sich für . . . ein. [Er sei beeindruckt von . .
.]. Noch allgemeiner
wird oft die ↑ Inhaltsangabe angekündigt; die Kennzeichnung
wird hier vorgenommen oder unterstützt durch Adverbien wie
danach, demzufolge, demnach,
z. B.
Am Montag veröffentlichte
TASS Einzelheiten des Vertrags. Danach werden die UdSSR und
die MVR weiterhin ...
Auch das ↑ Teilzitat kann so gekenn-
zeichnet werden.
Sonderformen einfacher Redekennzeichnung sind die Kenn-
zeichnung ohne Redeverb (bzw. -substantiv):
Karl: „..
.", oder
ohne Urheber der Äußerung:
Es hieß: „..." / Man sagte, ...
Bestandteil der Redekennzeichnung ist bei authentischer
Wiedergabe (↑ direkte Rede) auch die graphische bzw.
intonatorische
Bezeichnung (Anführungszeichen oder
Einrückung bzw. Pause oder Stimmänderung).
Die Redekennzeichnung hat zwei Funktionen: (1) die Grund-
funktion, die Wiedergabe einer Äußerung anzukünden bzw.
zu kennzeichnen, einen Wechsel der ↑ Perspektive anzuzeigen;
(2) die besondere Funktion, eine Beziehung des Lesers oder
Hörers zur redenden Person zu sehaffen, den Blickpunkt
anzugeben, unter dem die Äußerung, auch die eigene
(Ich
meinte damals, . . .),
zu betrachten ist (Charakterisierung der
Form, Erläuterung der Redesituation, Wertung des Inlialts).
Wenn die Grundfunktion durch den weiteren Kontext oder
durch die Art der Rededarstellung selbst übernommen wird —
so vor allem bei sprachlich klar abgehobenen Teilen eines ↑
Dialogs —, kann die Redekennzeichnung auch gelegentlich
entfallen (↑ Blankdialog). ↑ auch grammatische Einsparung.
Redekennzeichnungswort
: Wort, das im Autortext vor,
zwischen oder nach. einer wiedergegebenen Rede (↑ Rede 2)
auf den Vorgang des Äußerns hinweist, d. h. die
wiedergegebene Rede
eigentlich kennzeichnet. Das
Redekennzeichnungswort ist meist ein Verb oder ein
entsprechender ↑
Phraseologismus
(A. sagte, . . . / A. nahm
das Wort),
in mittelbaren Redekennzeichnungen oft ein
Substantiv („. .."
Mit diesen Worten ...).
In einigen Fällen kann
auch ein Adverb als Redekennzeichnungswort gelten
(Dazu der
Brigadier A.: „..
."). In protokollarischen Berichten
Redekunst
88
oder bei der Kennzeichnung dramatischer Dialoge entfällt das
Redekennzeichnungswort
(A.: „..
."
B.: „..
.").↑ Redeverb,
Redesubstantiv, Redekennzeichnung.
Redekunst: 1.
eindeutschende Bezeichnung für ↑ Rhetorik. — 2.
Kunst der freien Rede als umschreibende Bezeichnung für die
Bezeichnung Rhetorik, wenn diese im Sinne eines erstarrten
Formelwerkes gedeutet wird, was allerdings unbegründet ist, da
jede Lehre bei unschöpferischer Handhabe zur dogmatischen
Entartung führt.
Rcdcstil: 1.
Stil von Rede im Sinne von frz. parole (↑ Rede 1). In
diesem Sinne ist jeder Sprachstil zugleich Redestil. — 2. Stil der
mündlichen oder schriftlichen Äußerung (↑ Rede 2) einer
Textperson (↑ Rededarstellung), genauer als ↑ personaler Stil
(im Unterschied zum ↑ Autorstil) bezeichnet. — 3. Stil einer
mündlichen Äußerung (↑ Rede 3), ↑ mündlicher Stil, im Unter-
schied zum ↑ schriftlichen Stil. — 4. Stil einer öffentlichen An-
sprache (↑ Rede 4), im positiven oder negativen Sinne ↑ rhetori-
scher Stil.
Redesubstantiv:
Substantiv, das zur Bezeichnung einer wieder-
gegebenen bzw. fiktiven Äußerung, zur ↑ Redekennzeichnung
dient. Das Redesubstantiv ist meist in einem von der Rede
getrennten Satz enthalten. Redesubstantive sind z. B.
Mit-
teilung, Wort, Formulierung, Anfrage.
Die nominalen Teile von
verbal-nominalen Fügungen, die ↑ Redeverben entsprechen,
enthalten nicht immer Redesubstantive. So ist z. B.
Wehr
in
setzte
er sich zur Wehr
kein Redesubstantiv.
Redeverb:
Verb, das zur Bezeichnung einer wiedergegebenen
oder fiktiven Äußerung, zur ↑ Redekennzeichnung dient
(sagen,
schreiben).
Es übernimmt neben dem Hinweis auf Rede meist
noch andere Funktionen (↑ unter Redekennzeichnung). Die Zahl
der Redeverben ist im Deutschen sehr groß, viele sind ursprüng-
licb bildlich, z. B.
einwerfen, anknüpfen;
andere bezeichnen
eigentlich Gefühlsäußerungen, die mit Rede verbunden sind, z. B.
schwärmen, räsonieren.
Sie werden zur Variation (↑ stilistische
Variation) der Redekennzeichnung genutzt, die im Deutschen
ungeschriebenes Gesetz ist. Wiederholung desselben Redeverbs
dagegen gilt als Zeichen sprachlicher Armut; zu Unrecht, denn sie
kann, bewußt vorgenommen, den dokumentarischen Charakter
einer ↑ Redewiedergabe unterstreichen. Umgekehrt
89
R
edigierung
entspringt die Variation auch der Tendenz zur ↑ kontextualen
Einsparung und ↑ kontextualen Verdeutlichung. Streben nach
Variation und Ökonomie, aber auch Originalitätssucht, haben
dazu geführt, über die eigentlichen Redeverben (Verba dicendi)
und die bildlich als Redeverben gebrauchten Wörter hinaus auch
Tatverben (Verba agendi) zur Redekennzeichnung zu verwenden;
mit jeder beliebigen Gebärde oder Handlung, die mit der Äuße-
rung verbunden sein kann, wird die Äußerung selbst gekenn-
zeichnet:
„Na endlich!" streckte sich der Vater behaglich
(Becher).
— Solche Redekennzeichnungen überschreiten oft die Grenze
zum Lächerlichen und sind deshalb berechtigter Gegenstand von
Parodien gewesen. In anderen Fällen (z. B.
meinen)
hat das Stre-
ben nach Variation zum Verblassen des semantischen Gehalts
geführt.
Redewendung:
↑ Phraseologismus.
Redewiedergabe:
Wiedergabe einer realen mündlichen oder
schriftlichen Äußerung (↑ Rede 2). Von ihr kann wegen der
möglichen Fiktion die ↑ Redegestaltung unterschieden werden; in
einem umfassenderen Sinn ist jedoch auch sie (fiktive) Rede-
wiedergabe. Als Oberbegriff kann die Bezeichnung ↑ Rede-
darstellung dienen. Hauptformen der Redewiedergabe sind: (1)
die ↑ direkte Rede, die hinsichtlich des Verhältnisses zum
Kontext als ↑ Zitat oder ↑ Teilzitat erscheint; (2) die von der
wörtlichen Rede ↑ abstrahierte Rede; (3) die ↑ indirekte Rede,
(4) der ↑ Redebericht; (5) die ↑ Inhaltsangabe und deren Sonder-
form ↑ erlebte Rede. Die Formen werden, insbesondere im
Journalismus, mannigfach kombiniert. Eine Sonderform in
nichtfiktiven Darstellungen (z. B. im publizistischen Kommen-tar)
bildet die ↑ fingierte Rede, im Unterschied zu der für das
Kunstwerk erfundenen Rede, die man als ↑ flktive Rede be-
zeichnen könnte.
Die Redewiedergabe bedarf im allgemeinen der ↑ Redekenn-
zeichnung.
Redigierung:
Überprüfung und stilistische Bearbeitung von Bei-
trägen für ein Periodikum (Zeitung, Zeitschrift) oder einen
Sammelband, ausgehend von der Gesamtkonzeption und der
inhaltlichen Abstimmung der Einzelbeiträge aufeinander. In der
Verlagsarbeit wird auch die ↑ Lektorierung zum Teil als
Redigierung bezeichnet.
Reflexion
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Reflexion
(im stilistischen Sinne): möglicher Oberbegriff für
das von einer Textperson Gedachte, Gefühlte, Assoziierte oder
auch Geträumte, gewissermaßen ihre „Innerung" im
Unterschied zu ihren tatsächlichen Äußerungen (↑ Rede 2);
versuchsweise auch als „Sprechdenken" bezeichnet. Die auch
etymologisch motivierte Bezeichnung „Reflexion" (die sich
allerdings von der Reflexio der antiken Rhetorik
unterscheidet) ist als Konvention analog zu „Rede" in dem
Begriff
↑
Rededarstellung zu betrachten.
↑
Reflexionsdarstellung.
Reflexionsdarstellung
: möglicher Oberbegriff für die
Darstellung nicht ausgesprochener Gedanken, Gefühle,
Assoziationen
(↑
Reflexion) einer Person oder
Personengruppe. Solche nicht geäußerten geistig-psychischen
Vorgänge können ähnlich einer ↑ direkten Rede als ↑ direkte
Reflexion (in kunstwissenschaftlicher Sicht als ↑ innerer
Monolog bezeichnet) erscheinen; seltener werden sie indirekt
entsprechend der ↑ indirekten Rede dargestellt, sehr oft
dagegen als vom Autor „miterlebt", als ↑ erlebte Reflexion.
Die Reflexionsdarstellung wird durch die ↑ Reflexionskenn-
zeichnung vom ↑ Autortext abgehoben. Da die Reflexionen
ähnlich der Rede dargestellt werden und wie diese den ↑
personalen Text bzw. ↑ Autor-Personen-Text bilden und eine
↑ personale Darstellungssituation schaffen können, zählt man
sie meist zur ↑ Redegestaltung bzw. ↑ Rededarstellung. Rede-
und Reflexionsdarstellung sind jedoch theoretisch zu scheiden.
Reflexionskennzeiehnung
: Kennzeichnung eines Textstückes
als ↑ Reflexion (Gedanken, Gefühle, Assoziation) einer
dargestellten Person. Die Reflexionskennzeichnung und ihr
Verhältnis zur ↑ Reflexionsdarstellung entspricht der ↑
Redekennzeichnung und deren Stellung zur ↑ Rededar-
stellung, doch ist ihre Form gewöhnlich komplizierter. Die
einfachste Art, die entsprechend der Redekennzeichnung aus
einem Substaativ und einem ↑ Reflexionsverb bestehen würde
(K. dachte),
ist in moderner Literatur verhältnismäßig selten.
Zwar kann die Kennzeichnung in dieser kurzen, einfachen und
klaren Form vorangestellt
(K. dachte),
zwischen- oder
nachgestellt
(dachte K.)
werden. Meist wird
Reflexionsdarstellung angekündigt (seltener nachträglich
bezeichnet). Doch erfolgt die Ankündigung meist sowohl
syntaktisch als auch lexisch nur in mittelbarer Form
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Reflexionskennzeichnungswort
(K. saß nachdenklich da / hatte ein schlechtes Gewissen / schwieg /
war erregt
/
wartete ab / sah vor sich hin / sah sioh um).
Sie muß
sprachlich weder direkt durch Wörter, die ein Denken,
Fühlen, Assoziieren bezeichnen, noch durch solche, die ein
Sohweigen, also potentielle geistig-psychische Vorgänge
bezeichnen, eingeleitet werden. Unter Umständen genügt
schon die Erwähnung einer Situation, die Gelegenheit zur
Reflexion geben kann, um auf Darstellung von Gedanken,
Gefühlen usw. hinzuweisen
(Es dämmerte / Alles war still),
allerdings kann auch umgekehrt eine gespannte Situation auf
beginnende Reflexionsdarstellung hinweisen; hier entscheidet
der weitere ↑ Autortext, die Häufung reflektierender Passagen,
die auf Reflexionsdarstellung schließen läßt. Die Reflexions-
kennzeichnung kann dadurch unterstützt werden, daß der
Autor mit der Zustandsschilderung den Blickpunkt der Person
einnimmt, sich mit ihr räumlich identifiziert
(Es wurde dunkel
draußen).
Die ausdrückliche Kennzeichnung eines Textes als
Reflexion kann sich erübrigen, wenn er sich inhaltlich, durch
syntaktische und lexische Formen, eindeutig als Nicht-
autortext ausweist. Verschiedentlich, z. B. in dekadenter
Kunst, wird der Leser durch fehlende Reflexionskennzeich-
nung und fehlende Charakteristik der Reflexion selbst bewußt
oder unbewußt über die Grenzen zwischen Autortext und Re-
flexion im unklaren gehalten.
Zur Reflexionskennzeichnung gehören auch graphische Mittel
(halbe Anführungszeichen, in älterer Literatur auch
Anführungszeichen, daneben Absatz und Einzug), die jedoch
heute selten angewandt werden.
Reflexionskennzeichnungswort
: Wort, das im Autortext vor,
zwischen oder nach dargestellter ↑ Reflexion einer im Text
erscheinenden Person darauf hinweist, daß hier Gedanken,
Gefühle, Assoziationen dargestellt werden (↑ Refiexionsdar-
stellung). Es entspricht dem ↑ Redekennzeichnungswort für
die ↑ Rededarstellung, allerdings hat es wegen des meist
mittelbaren Charakters der ↑ Reflexionskennzeichnung — die
Kennzeichnung erfolgt mehr durch den gesamten ↑ Kontext,
durch die Situation und die andere Diktion der Textpassage
— geringere Bedeutung. Es kann ein Verb
(dachte, fühlte,
erwog, wußte)
oder ein Substantiv
(Erwägung, Reflexion,
Gedanke)
sein.