Файл: Otfried Preuler Krabat Das erste Jahr(первый год) Die Mhle im Koselbruch (мельница в Козельбрухе).doc
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125 Um die Mittagszeit war es an diesen Februartagen so warm, dass die Burschen sich nasse Füße holten (у парней промокали ноги) im Wald. Wenn sie abends nach Hause kamen, mussten sie reichlich Talg auf die Stiefel schmieren, (обильно смазывать сапоги жиром) der wurde dann mit den Handballen eingewalkt, (потом втирать его) um das Leder geschmeidig zu halten, (чтобы кожа оставалась гладкой) sonst (иначе) wäre es über Nacht, (за ночь) wenn die Stiefel zum Trocknen (для того чтобы просохнуть) über dem Ofen hingen, steinhart geworden (твердые, как камень). Alle verrichteten (совершали, выполняли) diese lästige (скучную, обременительную) Arbeit selbst – bis auf Lyschko, (все, кроме Лышко) der sich an Witko hielt (который держался за Витко) und ihn zwang, (заставлял, принуждал: zwingen) sie ihm abzunehmen. (взять на себя) Als Michal das merkte, stellte er Lyschko in Gegenwart (в присутствии) aller Burschen dafür zur Rede. (заставил ответить за это, призвал к ответу) Auf Lyschko machte das wenig Eindruck. (не произвело впечатления) «Was ist schon dabei?» (ну и что такого) erklärte er leichthin. (вскользь) «Die Stiefel sind nass gewesen – und Lehrjungen sind dazu da, (здесь как раз для этого) dass sie arbeiten.» «Nicht für dich!» sagte Michal. «Ach was!» (ну и что, да брось) widersprach ihm (возразил ему) Lyschko. «Du steckst deine Nase in Dinge, (суешь нос в вещи) die dich nichts angehen. (которые тебя не касаются) Bist du hier etwa der Altgesell?» (ты кто тут, старший подмастерье) «Nein», musste Michal einräumen. (должен был согласиться) «Aber ich schätze, (думаю: «оцениваю») dass Hanzo es mir nicht übelnimmt, (не обидится на меня) wenn ich dir trotzdem (все равно, все же) sage, dass du dir deine Stiefel in Zukunft selber walken sollst, Lyschko. Sonst (иначе) könnte es sein, dass du Ärger bekommst (будут неприятности) – und kein Mensch soll mir nachsagen dürfen (никто не сможет мне сказать, меня обвинить), ich hätte dich nicht gewarnt.» (что я тебя не предупреждал) Wer bald darauf (вскоре после этого) Ärger bekam, war nicht Lyschko. Am Abend des nächsten Freitages, als die Burschen in Rabengestalt in der Schwarzen Kammer hockten, eröffnete (открыл, сообщил) ihnen der Meister, es sei ihm zu Ohren gekommen, (что до него дошло, что он слышал) dass einer von ihnen dem neuen Lehrjungen heimlich zur Hand gehe (помогает) und ihm verbotenerweise (зная, что это запрещено) die Arbeit erleichtere: (облегчает) das verdiene, (это заслуживает) bestraft zu werden. (наказания: «быть наказанным») Dann wandte er sich an (повернулся к) Michal. «Wie kommst du dazu, (как это ты) dem Jungen zu helfen – antworte!» «Weil er mir Leid tut, Meister. Die Arbeit, die du ihm zumutest, (которую ты ожидаешь от него) ist zu schwer für ihn.» «Findest du?» «Ja», sagte Michal. «Dann höre mir jetzt gut zu!» (тогда слушай меня внимательно)
125 Um die Mittagszeit war es an diesen Februartagen so warm, dass die Burschen sich nasse Füße holten im Wald. Wenn sie abends nach Hause kamen, mussten sie reichlich Talg auf die Stiefel schmieren, der wurde dann mit den Handballen eingewalkt, um das Leder geschmeidig zu halten, sonst wäre es über Nacht, wenn die Stiefel zum Trocknen über dem Ofen hingen, steinhart geworden. Alle verrichteten diese lästige Arbeit selbst – bis auf Lyschko, der sich an Witko hielt und ihn zwang, sie ihm abzunehmen. Als Michal das merkte, stellte er Lyschko in Gegenwart aller Burschen dafür zur Rede. Auf Lyschko machte das wenig Eindruck. «Was ist schon dabei?» erklärte er leichthin. «Die Stiefel sind nass gewesen – und Lehrjungen sind dazu da, dass sie arbeiten.» «Nicht für dich!» sagte Michal. «Ach was!» widersprach ihm Lyschko. «Du steckst deine Nase in Dinge, die dich nichts angehen. Bist du hier etwa der Altgesell?» «Nein», musste Michal einräumen. «Aber ich schätze, dass Hanzo es mir nicht übelnimmt, wenn ich dir trotzdem sage, dass du dir deine Stiefel in Zukunft selber walken sollst, Lyschko. Sonst könnte es sein, dass du Ärger bekommst – und kein Mensch soll mir nachsagen dürfen, ich hätte dich nicht gewarnt.» Wer bald darauf Ärger bekam, war nicht Lyschko. Am Abend des nächsten Freitages, als die Burschen in Rabengestalt in der Schwarzen Kammer hockten, eröffnete ihnen der Meister, es sei ihm zu Ohren gekommen, dass einer von ihnen dem neuen Lehrjungen heimlich zur Hand gehe und ihm verbotenerweise die Arbeit erleichtere: das verdiene, bestraft zu werden. Dann wandte er sich an Michal. «Wie kommst du dazu, dem Jungen zu helfen – antworte!» «Weil er mir Leid tut, Meister. Die Arbeit, die du ihm zumutest, ist zu schwer für ihn.» «Findest du?» «Ja», sagte Michal. «Dann höre mir jetzt gut zu!»
126 Der Müller war aufgesprungen, (вскочил) er stützte sich (оперся) mit den Händen auf den Koraktor, den Oberkörper weit vorgebeugt. (склонившись /верхней частью тела/) «Was ich wem zumute oder nicht, geht dich einen Dreck an! (тебя вообще не касается: der Dreck – грязь, нечистоты) Hast du vergessen, dass ich der Meister bin? Was ich anschaffe, (что я делаю, приказываю) schaffe ich an, damit basta! Ich werde dir eine Lektion erteilen, (я научу тебя, преподам тебе урок) an die du dein Lebtag (всю жизнь, до конца жизни) denken sollst! – Raus da, (вон отсюда) ihr andern!» (остальные) Er jagte (выгнал) die Mühlknappen aus der Kammer und schloss sich mit Michal ein. (закрылся с) Die Burschen trollten sich (убрались) voller Sorge (обеспокоенные, озабоченные) zu Bett. Sie hörten die halbe Nacht lang ein gräßliches Kreischen (ужасные крики) und Krächzen (и карканье) im Haus – dann kam Michal die Bodenstiege heraufgewankt, (поднялся по лестнице шатаясь) bleich und verstört. (бледный и испуганный) «Was hat er mit dir gemacht?» wollte Merten wissen. Erschöpft (обессиленно) winkte Michal ab. (махнул рукой) «Lasst mich, ich bitte euch!» Die Burschen konnten sich denken, (представить себе) wer Michal dem Meister verraten hatte. (выдал Мастеру) Anderntags hielten sie in der Mehlkammer eine Beratung ab (провели совет) und beschlossen, es Lyschko heimzuzahlen. (отплатить Лышко) «Wir werden ihn», sagte Andrusch, «heut Nacht von der Pritsche holen und ihm das Fell gerben!» (и отдубасим его: das Fell gerben – дубить шкуру) «Jeder mit einem Knüttel!» (дубинкой: der Knüttel) rief Merten. «Und hinterher», knurrte Hanzo, «bekommt er die Haare geschoren (подстрижем ему волосы) und Stiefelfett ins Gesicht geschmiert (и намажем лицо жиром для обуви) – und dann Ruß drüber!» (а сверху – сажей) Michal saß in der Ecke und schwieg. «Sag du auch was!» rief Staschko. «Schließlich bist du es, den er beim Meister vergeigt hat!» (кого он заложил Мастеру) «Gut», meinte Michal, «ich werde euch etwas sagen.» Er wartete, bis sie still waren, dann begann er zu sprechen. Mit ruhiger Stimme (спокойным голосом) sprach er, wie Tonda an seiner Stelle (на его месте) gesprochen hätte. «Was Lyschko getan hat», sagte er, «war eine Lumperei. (подлость: der Lump – негодяй) Aber was ihr da vorhabt, (намереваетесь сделать) ist nicht viel besser. Im Zorn (в гневе) legt man seine Worte nicht auf die Goldwaage (не взвешиваешь слова: «не кладешь их на золотые весы») – gut. Doch nun habt ihr euch Luft gemacht, (но теперь вы открыли себе отдушину = отвели душу) nun soll Schluss (конец) sein. Erspart es mir, (не заставляйте меня, не допускайте) dass ich mich für euch schämen muss!»
126 Der Müller war aufgesprungen, er stützte sich mit den Händen auf den Koraktor, den Oberkörper weit vorgebeugt. «Was ich wem zumute oder nicht, geht dich einen Dreck an! Hast du vergessen, dass ich der Meister bin? Was ich anschaffe, schaffe ich an, damit basta! Ich werde dir eine Lektion erteilen, an die du dein Lebtag denken sollst! – Raus da, ihr andern!» Er jagte die Mühlknappen aus der Kammer und schloss sich mit Michal ein. Die Burschen trollten sich voller Sorge zu Bett. Sie hörten die halbe Nacht lang ein gräßliches Kreischen und Krächzen im Haus – dann kam Michal die Bodenstiege heraufgewankt, bleich und verstört. «Was hat er mit dir gemacht?» wollte Merten wissen. Erschöpft winkte Michal ab. «Lasst mich, ich bitte euch!» Die Burschen konnten sich denken, wer Michal dem Meister verraten hatte. Anderntags hielten sie in der Mehlkammer eine Beratung ab und beschlossen, es Lyschko heimzuzahlen. «Wir werden ihn», sagte Andrusch, «heut Nacht von der Pritsche holen und ihm das Fell gerben!» «Jeder mit einem Knüttel!» rief Merten. «Und hinterher», knurrte Hanzo, «bekommt er die Haare geschoren und Stiefelfett ins Gesicht geschmiert – und dann Ruß drüber!» Michal saß in der Ecke und schwieg. «Sag du auch was!» rief Staschko. «Schließlich bist du es, den er beim Meister vergeigt hat!» «Gut», meinte Michal, «ich werde euch etwas sagen.» Er wartete, bis sie still waren, dann begann er zu sprechen. Mit ruhiger Stimme sprach er, wie Tonda an seiner Stelle gesprochen hätte. «Was Lyschko getan hat», sagte er, «war eine Lumperei. Aber was ihr da vorhabt, ist nicht viel besser. Im Zorn legt man seine Worte nicht auf die Goldwaage – gut. Doch nun habt ihr euch Luft gemacht, nun soll Schluss sein. Erspart es mir, dass ich mich für euch schämen muss!»
Vivat Augustus! (слава Августу)
127 Die Müllerburschen verprügelten Lyschko nicht (не стали бить): sie mieden (избегали: meiden) ihn während der nächsten Zeit. Keiner sprach mit ihm, keiner gab Antwort, wenn Lyschko ihn etwas fragte. Den Brei und die Suppe setzte ihm Juro in einem besonderen Napf (в особом горшке: der Napf) vor, (подавал, сервировал) «weil du von niemand verlangen (требовать) kannst, dass er mit einem Haderlumpen (подлецом: der Hader – лоскут, тряпка; распря) aus einer Schüssel isst». Krabat fand das in Ordnung. Wer seine Mitgesellen beim Meister anschwärzte, (чернил, клеветал на) der verdiente es, dass sie ihm ihre Verachtung zu spüren gaben. (давали почувствовать презрение) Neumonds, (в новолуние) wenn der Gevatter mit seinem Mahlgut vorfuhr, (приезжал со своим помолом) musste der Müller jetzt wieder mithalten (не уступать, не подкачать) bei der Arbeit. Er tat es mit großem Eifer, (с рвением) als gelte es, (как будто бы это было важно, необходимо) den Gesellen zu zeigen, was Zupacken (работать по-настоящему: энергично) heißt – oder war es ihm mehr um den Herrn Gevatter zu tun? (было важнее) Übrigens (впрочем) war der Meister im Spätwinter viel unterwegs, (разъезжал, был в пути) bald zu Ross, (то верхом: das Ross – конь) bald im Pferdeschlitten. (то на санях) Die Burschen machten sich wenig Gedanken darüber, (мало задумывались) von welcher Art (какого рода) die Geschäfte sein mochten, die ihn dazu veranlassten. (которые служили поводом, причиной, побуждали его к этому) Was sie nichts anging, (что их не касалось) brauchten sie nicht zu wissen; und was sie nicht wussten, tat ihnen auch nicht weh. (не задевало их: «не делало им больно») Eines Abends um den Josephitag, der Schnee war geschmolzen, (растаял: schmelzen) es regnete stark, und die Mühlknappen wussten es zu schätzen, (ценили: «смогли оценить») dass sie im Trocknen (под крышей: «в сухом месте») saßen bei diesem Sauwetter: (при такой скверной погоде: die Sau – свинья) eines Abends verlangte der Meister plitz-platz (мигом, быстро) nach der Reisekutsche, (карету) er müsse in einer wichtigen Sache weg, es sei eilig! (срочно) Krabat half Petar die beiden Braunen anschirren, (запрячь гнедых) nahm, als sie fertig waren, das Handpferd am Zügel (взял подручную лошадь за упряжку) und sagte: «Wüh!» Während Petar ins Haus rannte, um dem Meister zu melden, (сообщить Мастеру) die Kutsche sei fahrbereit, (готова к выезду) führte Krabat Gespann und Wagen (упряжку и повозку: das Gespann) hinaus auf den Vorplatz.
Vivat Augustus!
127 Die Müllerburschen verprügelten Lyschko nicht: sie mieden ihn während der nächsten Zeit. Keiner sprach mit ihm, keiner gab Antwort, wenn Lyschko ihn etwas fragte. Den Brei und die Suppe setzte ihm Juro in einem besonderen Napf vor, «weil du von niemand verlangen kannst, dass er mit einem Haderlumpen aus einer Schüssel isst». Krabat fand das in Ordnung. Wer seine Mitgesellen beim Meister anschwärzte, der verdiente es, dass sie ihm ihre Verachtung zu spüren gaben. Neumonds, wenn der Gevatter mit seinem Mahlgut vorfuhr, musste der Müller jetzt wieder mithalten bei der Arbeit. Er tat es mit großem Eifer, als gelte es, den Gesellen zu zeigen, was Zupacken heißt – oder war es ihm mehr um den Herrn Gevatter zu tun? Übrigens war der Meister im Spätwinter viel unterwegs, bald zu Ross, bald im Pferdeschlitten. Die Burschen machten sich wenig Gedanken darüber, von welcher Art die Geschäfte sein mochten, die ihn dazu veranlassten. Was sie nichts anging, brauchten sie nicht zu wissen; und was sie nicht wussten, tat ihnen auch nicht weh. Eines Abends um den Josephitag, der Schnee war geschmolzen, es regnete stark, und die Mühlknappen wussten es zu schätzen, dass sie im Trocknen saßen bei diesem Sauwetter: eines Abends verlangte der Meister plitz-platz nach der Reisekutsche, er müsse in einer wichtigen Sache weg, es sei eilig! Krabat half Petar die beiden Braunen anschirren, nahm, als sie fertig waren, das Handpferd am Zügel und sagte: «Wüh!» Während Petar ins Haus rannte, um dem Meister zu melden, die Kutsche sei fahrbereit, führte Krabat Gespann und Wagen hinaus auf den Vorplatz.
128 Er hatte sich eine Pferdedecke (попону) über den Kopf gezogen, (натянул на голову) des Regens halber, (из-за дождя) und hatte auch für den Meister vorsorglich (предусмотрительно, заботливо) ein paar Decken bereitgelegt, (приготовил, взял про запас) denn es war eine leichte Kutsche mit einem Wagenschlag, (с дверцей) der in Fahrtrichtung offenstand. (которая была открыта по направлению движения) Von Petar mit einem Windlicht gefolgt, (освещаемый: «последуемый» фонарем Петара) kam der Meister herbeigestapft. (подошел, тяжело ступая) Er trug einen weiten Mantel (широкое пальто) und seinen schwarzen Dreispitz. (треуголку) Sporen klirrten (шпоры звенели) an seinen Stiefeln, (на его сапогах) ein Degen wippte (шпага раскачивалась) unter dem Manteltuch. «Verrückt!» (сумасшедший) dachte Krabat, während der Müller sich auf dem Kutschbock zurechtsetzte. (усаживался) «Muss das sein, dass er ausfährt bei diesem Hundewetter?» Der Meister hatte sich in die Decken eingewickelt, (укутался) nun fragte er beiläufig: (вскользь, между делом) «Magst (хочешь) du mitkommen?» «Ich?» «Weil du wissen wolltest, weshalb (зачем) ich ausfahre.» Krabats Neugier (любопытство: die Neugier) war stärker als alle Scheu vor (страх перед) dem Regen, im Nu (вмиг) saß er neben dem Müller oben. «Nun zeig, ob du fahren kannst!» Damit reichte (передал) der Meister ihm Peitsche und Zügel. (кнут и узду: die Peitsche der Zügel) «Wir müssen in einer Stunde (через час, за час) in Dresden sein!» «Dresden? In einer Stunde?» Krabat hatte sich wohl verhört. (вероятно, ослышался) «Los, fahr schon!» Sie rumpelten (с грохотом покатились) auf dem holprigen (ухабистой) Waldweg dahin. (вдаль) Es war finster, (темно) als (как будто бы) ginge es durch ein Ofenrohr. (через печную трубу: das Ofenrohr) «Schneller!» drängte (подгонял) der Meister. «Kannst du nicht schneller fahren!» «Dann werden wir umschmeißen, (перевернемся) Meister...» «Unsinn! (ерунда) gib her!» (давай сюда) Von jetzt an kutschierte (правил) der Müller selbst. (сам) Und wie er kutschierte: mit Windeseile (со скоростью ветра) zum Wald hinaus, auf die Kamenzer Landstraße. Krabat klammerte sich am Sitz fest, (ухватился) er musste die Sohlen gegen das Fußbrett stemmen. (уперся ногами: «пятками») Regen peitschte (хлестал) ihm ins Gesicht, der Fahrtwind wehte ihn fast vom Wagen. (сдувал)
128 Er hatte sich eine Pferdedecke über den Kopf gezogen, des Regens halber, und hatte auch für den Meister vorsorglich ein paar Decken bereitgelegt, denn es war eine leichte Kutsche mit einem Wagenschlag, der in Fahrtrichtung offenstand. Von Petar mit einem Windlicht gefolgt, kam der Meister herbeigestapft. Er trug einen weiten Mantel und seinen schwarzen Dreispitz. Sporen klirrten an seinen Stiefeln, ein Degen wippte unter dem Manteltuch. «Verrückt!» dachte Krabat, während der Müller sich auf dem Kutschbock zurechtsetzte. «Muss das sein, dass er ausfährt bei diesem Hundewetter?» Der Meister hatte sich in die Decken eingewickelt, nun fragte er beiläufig: «Magst du mitkommen?» «Ich?» «Weil du wissen wolltest, weshalb ich ausfahre.» Krabats Neugier war stärker als alle Scheu vor dem Regen, im Nu saß er neben dem Müller oben. «Nun zeig, ob du fahren kannst!» Damit reichte der Meister ihm Peitsche und Zügel. «Wir müssen in einer Stunde in Dresden sein!» «Dresden? In einer Stunde?» Krabat hatte sich wohl verhört. «Los, fahr schon!» Sie rumpelten auf dem holprigen Waldweg dahin. Es war finster, als ginge es durch ein Ofenrohr. «Schneller!» drängte der Meister. «Kannst du nicht schneller fahren!» «Dann werden wir umschmeißen, Meister...» «Unsinn! gib her!» Von jetzt an kutschierte der Müller selbst. Und wie er kutschierte: mit Windeseile zum Wald hinaus, auf die Kamenzer Landstraße. Krabat klammerte sich am Sitz fest, er musste die Sohlen gegen das Fußbrett stemmen. Regen peitschte ihm ins Gesicht, der Fahrtwind wehte ihn fast vom Wagen.
129 Nebel war aufgekommen, (спустился) sie rasten hinein, (помчались в него) er umfing sie (он окружил их) in dichten Schwaden. (толстыми клубами: der Schwaden) Nicht lange, da tauchten sie mit den Köpfen darüber hinaus (вынырнули головы) – und dann weiter und weiter, bis er den Braunen (гнедым) gerade noch zu den Fesseln (до бабок: die Fessel) reichte. (достиг, стал до) Es hatte zu regnen aufgehört, (перестало) der Mond schien, Nebelschleier (пелена тумана) bedeckten (покрывала) den Boden, silberweiß, (cеребряно-белая) eine weite Fläche, (земля: «поверхность») wie zugeschneit. (как заснеженная) Fuhren sie über Wiesen? (по лугам) Kein Hufschlag (топота копыт) zu hören, kein Poltern von Wagenrädern. (грохота колес повозки) Das Rütteln und Schütteln (пошатывание и встряхивание) der Kutsche hatte seit einer Weile (с какого-то времени) aufgehört. Krabat hatte den Eindruck, (впечатление, ощущение) als ob (как будто бы) sie auf einem Teppich dahinrollten, (катились на ковре) wie auf Schnee, wie auf Daunen. (как по пушинкам: die Daune – пух) Herrlich (великолепно) griffen die Pferde aus, (шли галопом) weich und federnd. (мягко и упруго) Es war eine Lust, (это была отрада = одно удовольствие) so dahinzujagen (мчаться прочь) unter dem Mond auf der weiten Heide. Plötzlich ein Ruck, (вдруг толчок) dass der Wagen in allen Fugen krachte! (затрещал по швам) Ein Baumstrunk? (пень дерева) Ein Prellstein? (валун) Was tun, wenn die Deichsel (дышло) gebrochen war, eines der Räder (одно из колес) womöglich (возможно)... «Ich werde mal nachsehen!» (проверю) Krabat steht schon mit einem Fuß auf dem Trittbrett (на подножке) – da packt ihn (схватил его) der Meister und reißt ihn zurück. (отбросил обратно, назад) «Bleib sitzen!» (сидеть) Er deutet (показывает, указывает) nach unten, der Nebel ist aufgerissen. (пелена тумана прорвалась) Krabat traut (не верит) seinen Augen nicht. In der Tiefe ein Dachfirst, (конек крыши: der Dachfirst) ein Friedhof: (кладбище: der Friedhof) Kreuze (кресты: das Kreuz) und Grabhügel (могильные холмики: der Grab der Hügel) werfen Schatten (оставляют: «бросают» тени) im Licht des Mondes. «Wir hängen am Kamenzer Kirchturm fest», (застряли на колокольне) sagt der Meister. «Gib acht, (смотри) dass du nicht vom Wagen fällst!» Er reißt an den Zügeln, (дернул поводья) er knallt mit der Peitsche. (хлестнул кнутом) «Vorwärts!» (вперед) Ein zweiter Ruck (еще один толчок) – und die Kutsche ist wieder flott. (снова летит: «на плаву») Ohne weiteren Zwischenfall (гладко: «без других происшествий») setzten sie ihre Reise fort, (продолжили) lautlos (беззвучно) und schnell durch die Lüfte, auf weißen, im Mondlicht schimmernden (вспыхивающие) Wolken dahin. «Und ich», dachte Krabat – «ich hab sie für Nebel gehalten (считал их за, думал что это) in meinem Unverstand (непонимая: «в своем непонимании»)...» Von der Hofkirche schlug es halb zehn, als der Meister und Krabat in Dresden ankamen. (прибыли) Krachend (с грохотом) setzte die Kutsche auf dem mit Steinen gepflasterten (вымощенную камнями) Vorplatz des Schlosses (площадку перед замком) auf. (приземлилась)
129 Nebel war aufgekommen, sie rasten hinein, er umfing sie in dichten Schwaden. Nicht lange, da tauchten sie mit den Köpfen darüber hinaus – und dann weiter und weiter, bis er den Braunen gerade noch zu den Fesseln reichte. Es hatte zu regnen aufgehört, der Mond schien, Nebelschleier bedeckten den Boden, silberweiß, eine weite Fläche, wie zugeschneit. Fuhren sie über Wiesen? Kein Hufschlag zu hören, kein Poltern von Wagenrädern. Das Rütteln und Schütteln der Kutsche hatte seit einer Weile aufgehört. Krabat hatte den Eindruck, als ob sie auf einem Teppich dahinrollten, wie auf Schnee, wie auf Daunen. Herrlich griffen die Pferde aus, weich und federnd. Es war eine Lust, so dahinzujagen unter dem Mond auf der weiten Heide. Plötzlich ein Ruck, dass der Wagen in allen Fugen krachte! Ein Baumstrunk? Ein Prellstein? Was tun, wenn die Deichsel gebrochen war, eines der Räder womöglich... «Ich werde mal nachsehen!» Krabat steht schon mit einem Fuß auf dem Trittbrett – da packt ihn der Meister und reißt ihn zurück. «Bleib sitzen!» Er deutet nach unten, der Nebel ist aufgerissen. Krabat traut seinen Augen nicht. In der Tiefe ein Dachfirst, ein Friedhof: Kreuze und Grabhügel werfen Schatten im Licht des Mondes. «Wir hängen am Kamenzer Kirchturm fest», sagt der Meister. «Gib acht, dass du nicht vom Wagen fällst!» Er reißt an den Zügeln, er knallt mit der Peitsche. «Vorwärts!» Ein zweiter Ruck – und die Kutsche ist wieder flott. Ohne weiteren Zwischenfall setzten sie ihre Reise fort, lautlos und schnell durch die Lüfte, auf weißen, im Mondlicht schimmernden Wolken dahin. «Und ich», dachte Krabat – «ich hab sie für Nebel gehalten in meinem Unverstand...» Von der Hofkirche schlug es halb zehn, als der Meister und Krabat in Dresden ankamen. Krachend setzte die Kutsche auf dem mit Steinen gepflasterten Vorplatz des Schlosses auf.