Файл: Otfried Preuler Krabat Das erste Jahr(первый год) Die Mhle im Koselbruch (мельница в Козельбрухе).doc

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Ich bin Krabat
202 Der Schnee schmolz, das Frühjahr kam, Krabat lernte wie ein Besessener. Die Mitgesellen hatte er längst überflügelt. Der Meister lobte ihn, zeigte sich höchst zufrieden mit seinen Fortschritten in der Schwarzen Kunst. Er schien nicht zu ahnen, dass Krabat nur lernte und lernte und weiterlernte, um für den Tag des Kampfes gerüstet zu sein, für die Stunde der Abrechnung. Am Sonntag Lätare war es, dass Merten zum erstenmal wieder aufstand. Er setzte sich hinter dem Holzschuppen in die Sonne. Bleich war er, mager geworden, fast durchsichtig. Und er hatte, das zeigte sich nun, einen schiefen Hals behalten. Immerhin sprach er jetzt wieder das Allernötigste: «Ja» und «nein» und «gib her» oder «lass das!» Am Karfreitag nahmen sie Lobosch in die Schwarze Schule auf. Wie staunte der Kleine, als er vom Meister in einen Raben verwandelt wurde! Fröhlich schwirrte er durch die Kammer, er streifte mit seinen Flügelspitzen den Totenkopf und das Zauberbuch. Dreimal musste der Meister «ksch!» machen – dann erst ließ sich der Knirps auf der Stange nieder: ein spannenlanger, drolliger schwarzer Vogel mit munteren Äuglein und aufgeplusterten Federn. «Dies ist die Kunst, in Gedanken zu einem anderen Menschen zu sprechen, dass er die Worte hören kann und versteht, als kämen sie aus ihm selbst...» Den Müllerburschen fiel es an diesem Abend nicht leicht, dem Meister zu folgen, weil Lobosch sie ständig ablenkte. Es war lustig, ihm zuzusehen: wie er die Augen verdrehte, den Hals verrenkte und mit den Flügeln schlug. Mochte der Müller doch aus dem Koraktor vorlesen, was er wollte! Krabat ließ sich kein Wort entgehen. Er hatte begriffen, wie wichtig die neue Lektion war – für ihn und die Kantorka. Silbe für Silbe prägte er sich die Formel ein. Vor dem Einschlafen dann, auf der Pritsche, sprach er sie so oft nach, bis er sicher war, dass er sie nie mehr vergessen würde. Am Ostersamstag, bei Einbruch der Dunkelheit, schickte der Meister die Mühlknappen wieder aus, sich das Mal zu holen. Beim Abzählen blieben Krabat und Lobosch als letzte übrig, der Müller entließ sie mit seinem Schwarzen Segen.
es hatte sich eingetrübt – стало пасмурно

es roch (riecht) nach Regen – приближался дождь: пахло дождем

unterwegs sein zu etw. – быть на пути к чему-л.

grundlos – без причин

die Rindenstücke und Äste aufklauben – собирать кучочки коры и ветки

entfachen – разжигать, раздувать

sich vollziehen – совершаться, происходить

ankündigen – возвещать, здесь: предупреждать, обещать

an Tondas Stelle rücken – встать на место Тонды

den Mädchen Unheil bringen – приносить беду девушкам

verschonen – пощадить, не трогать

innewohnen – быть присущим

gefährden – подвергать опасности

wenn mein Verdacht sich bestätigt,... – если мое подозрение подтвердится…
203 Krabat hatte im Holzschuppen Decken bereitgelegt, zwei für jeden, weil es sich gegen Abend eingetrübt hatte und nach Regen roch. Da sie die Mühle als letzte verlassen hatten, drängte er Lobosch zur Eile. Er hielt es für möglich, dass schon zwei andere Burschen zu Bäumels Tod unterwegs sein könnten – eine Befürchtung, die grundlos gewesen war, wie sich herausstellte, als sie zum Holzkreuz kamen. Am Waldrand klaubten sie Rindenstücke und Äste auf, sie entfachten ein kleines Feuer. Krabat erklärte dem Jungen, weshalb sie hier draußen säßen, an dieser Stelle, und dass sie nun miteinander die Osternacht wachend am Feuer verbringen müssten. Lobosch hüllte sich fröstelnd in seine Decken, er meinte: bloß gut, dass er nicht allein hier zu sitzen brauchte, sonst könnte es sein, dass er sterben würde vor Angst, und dann müsste womöglich ein weiteres Holzkreuz an dieser Stätte errichtet werden, wenn auch ein kleineres... Später sprachen sie von der Schwarzen Schule und von den Regeln, nach denen der Unterricht in der Zauberkunst sich vollzog. Dann schwiegen sie eine Weile; und schließlich kam Krabat auf Tonda und Michal zu sprechen. «Ich habe dir ja schon angekündigt, dass ich dir eines Tages von ihnen erzählen würde.» Während er Lobosch von seinen Freunden berichtete, wurde ihm klar, dass er selber inzwischen an Tondas Stelle gerückt war – zumindest was diesen Jungen anging, der ihm da gegenübersaß, auf der anderen Seite des Feuers. Ursprünglich hatte er vorgehabt, Lobosch von Michals und Tondas Ende nichts zu erzählen, nichts Näheres jedenfalls; doch je länger er von den beiden sprach, auch von Worschula, die auf dem Friedhof von Seidewinkel begraben lag, und dass Tonda behauptet habe, die Mühlknappen aus dem Koselbruch brächten den Mädchen Unheil – je länger er sprach, desto selbstverständlicher fand er es, dass der Junge ein Recht darauf habe, auch das zu erfahren, womit er ihn anfangs hatte verschonen wollen. So kam es, dass Krabat ihm alles erzählte, was zu erzählen war. Nur vom Geheimnis der Messerklinge erwähnte er nichts, um die Zauberkraft, die ihr innewohnte, nicht zu gefährden. «Du weißt», fragte Lobosch, «wer schuld ist an Tondas und Michals Tod?» «Ich ahne es», sagte Krabat. «Und wenn mein Verdacht sich bestätigt, werde ich abrechnen.»

sich die Decke über den Kopf ziehen – натянуть одеяло на голову

vernehmen – услышать

anheben zu läuten – начинать звонить

im Wechsel mit ihr – сменяя её

sich nassregnen – насквозь промокнуть

Krabat wollte nicht gestört sein – Крабат не хотел, чтобы его беспокоили

sich nach etw. richten – сообразовываться с чем-либо, ориентироваться на что-либо

weder Regen... noch Wind – ни дождя ни ветра

wie ihre Augen leuchten – как сияли её глаза

im Schein der Osterkerze – в свете пасхальной свечи

alle Kraft richten – направить всю силу

einrichten – устраивать, организовывать

zurückbleiben hinter den anderen – оставать от других

vor allen Augen – при всех, у всех на виду

es geht dich etwas an – это касается тебя
204 Gegen Mitternacht setzte leichter Regen ein. Lobosch zog sich die Decke über den Kopf. «Tu das nicht!» sagte Krabat. «Dann wirst du die Glocken nicht hören können und den Gesang im Dorf.» Wenig später vernahmen sie, wie in der Ferne die Osterglocken zu läuten anhoben, und sie hörten die Stimme der Kantorka von Schwarzkollm herüber: die Stimme der Kantorka und, im Wechsel mit ihr, die anderen Mädchen. «Klingt schön», sagte Lobosch nach einer Weile. «Um das zu hören, kann man sich ruhig nassregnen lassen.» Die nächsten Stunden verbrachten sie schweigend. Lobosch hatte verstanden, dass Krabat nicht reden und nicht gestört sein wollte. Es fiel ihm nicht schwer, sich danach zu richten. Was er von Tonda und Michal erfahren hatte, reichte für mehr als für eine halbe Nacht, um darüber nachzudenken. Die Mädchen sangen, die Glocken läuteten. Dass es nach einer Weile wieder zu regnen aufhörte: Krabat merkte es nicht. Für ihn gab es weder Regen zu dieser Stunde noch Wind, weder Wärme noch Kälte, kein Licht und kein Dunkel: für ihn gab es nur die Kantorka jetzt, ihre Stimme – und die Erinnerung daran, wie ihre Augen geleuchtet hatten im Schein der Osterkerze. Diesmal war Krabat entschlossen, nicht wieder aus sich hinauszugehen. Hatte der Meister sie nicht die Kunst gelehrt, in Gedanken zu einem anderen Menschen zu sprechen, «dass er die Worte hören kann und versteht, als kämen sie aus ihm selbst»?Gegen Morgen sprach Krabat die neue Formel. Er richtete alle Kraft, die in seinem Herzen war, auf die Kantorka: bis er zu spüren glaubte, nun habe er sie erreicht – und da sprach er zu ihr. «Es bittet dich jemand, Kantorka, dass du ihn anhörst», sprach er. «Du kennst ihn nicht, er aber kennt dich seit langem. Wenn du an diesem Morgen das Osterwasser geschöpft hast, dann richte es auf dem Heimweg ein, dass du hinter den anderen Mädchen zurückbleibst. Allein musst du gehen mit deinem Wasserkrug, weil der Jemand dich treffen will – und er mag nicht, dass es vor aller Augen geschieht, weil es nur dich etwas angeht, und ihn, und sonst niemanden auf der Welt.»
beschwören – заклинать

der Morgen graute herauf – светало, начиналось утро

den Drudenfuß ziehen – рисовать пентаграмму

in der Glut ankohlen – обугливать на огне

es eilig haben – торопиться

der Ehrgeiz – честолюбие

Schritt halten – держать шаг, не отставать

liegen lassen – забывать, оставлять

das einzige Andenken – единственная память

den Schwindel merken – заметить обман

ein Gähnen unterdrücken – подавить зевоту

sich in die Hecken schlagen – спрятаться в кусты

sich nicht scheren um jmdn. – не беспокоиться о чем-л.

einen Zipfel des Umtuches in den Krug tauchen – опустить краешек платка в кувшин



einen Makel nehmen – стереть (позорное) пятно
205 Dreimal beschwor er sie, stets mit den gleichen Worten. Dann graute der Morgen herauf, der Gesang und die Glocken verstummten. Nun wurde es Zeit, dass er Lobosch den Drudenfuß ziehen lehrte und dass sie sich mit dem Mal versahen, einer den anderen, mit den Spänen vom Holzkreuz, die Krabat mit Tondas Messer vom Stamm geschnitten und in der Glut hatte ankohlen lassen. Krabat hatte es auf dem Heimweg so eilig, als sei er vom Ehrgeiz besessen, dass sie die ersten sein müssten, die in der Mühle eintrafen. Lobosch vermochte auf seinen kurzen Beinen kaum Schritt zu halten. Kurz vor dem Koselbruch, bei den ersten Büschen, blieb Krabat stehen. Er kramte in seinen Taschen, dann griff er sich an den Kopf und sagte: «Ich hab es beim Holzkreuz liegen lassen...» «Was?» fragte Lobosch. «Das Messer.» «Das du von Tonda bekommen hast?» –»Ja – von Tonda.» Der Junge wusste, dass Tondas Messer das einzige Andenken war, das Krabat von ihm besaß. «Dann müssen wir umkehren», sagte er, «und es holen!» «Nein», widersprach ihm Krabat und hoffte, dass Lobosch den Schwindel nicht merken werde. «Lass mich allein zurücklaufen, das geht schneller. Du kannst dich einstweilen unter die Büsche setzen und auf mich warten.» «Meinst du?» Der Knirps unterdrückte ein Gähnen. «Ich meine es, wie ich's gesagt habe.» Während Lobosch sich unter den Sträuchern ins feuchte Gras setzte, eilte Krabat zurück an die Stelle, wo, wie er wusste, die Mädchen vorbeikommen mussten, wenn sie das Osterwasser nach Hause trugen: dort schlug er sich in die Hecken. Nicht lange, da kamen die Mädchen mit ihren Wasserkrügen und zogen in langer Reihe an ihm vorüber. Die Kantorka, Krabat sah es, war nicht dabei. Sie hatte ihn also gehört, und sie hatte verstanden, worum er sie aus der Ferne gebeten hatte. Als dann die Mädchen verschwunden waren, sah er sie kommen. Allein kam sie, fest in ihr wollenes Umtuch gehüllt. Da trat er hervor und ging auf sie zu. «Ich bin Krabat, ein Mühlknappe aus dem Koselbruch», sagte er. «Fürchte dich nicht vor mir.» Die Kantorka blickte ihm ins Gesicht, ganz ruhig, als habe sie ihn erwartet. «Ich kenne dich», sagte sie, «denn ich habe von dir geträumt. Von dir und von einem Menschen, der Böses mit dir im Sinn hatte – aber wir haben uns nicht geschert um ihn, du und ich. Seither hab ich darauf gewartet, dass ich dich treffen würde: und jetzt bist du also da. «Ich bin da», sagte Krabat. «Aber ich kann nicht lang bleiben – sie warten auf mich in der Mühle.» «Auch ich muss nach Hause», sagte die Kantorka. «Ob wir uns wiedersehen?» Dann tauchte sie einen Zipfel des Umtuches in den Krug mit dem Osterwasser – und ohne ein Wort zu sagen, wischte sie Krabat den Drudenfuß von der Stirn: ganz sachte und ohne Eile, wie selbstverständlich. Da war es dem Burschen, als habe sie einen Makel von ihm genommen. Und Krabat war ihr unendlich dankbar: dass es sie gab und dass sie ihm gegenüberstand und ihn anblickte.
abschmirgeln – шлифовать

einfetten – натереть жиром

vermissen – ощущать нехватку

Verdacht schöpfen – заподозрить: «черпать подозрение»

unausweichlich – неизбежно

in seinen Taschen wühlen – рыться в карманах

eins auf den Hut kriegen – получить по шапке

das Wetter brach los – разразилась непогода

ein Schlagregen klatschte nieder – застучал ливень

aufkreischen – вскрикивать

pudelnass – промокший насквозь: «как пудель»

zum Henker – к черту: «к палачу»

der verdammte Regen – проклятый дождь

es war soweit – наступил момент

einen vollen Maltersack schwenken – размахивать полным мешком (derMalter – мера зерна)
Hinter Sonne und Mond
206 Lobosch war unter den Büschen am Waldrand eingeschlafen. Als Krabat ihn weckte, machte er große Augen und fragte: «Hast du es?» «Was?» «Das Messer!» «Ach ja», sagte Krabat. Er zeigte ihm Tondas Messer und ließ die Klinge herausschnappen: sie war schwarz. «Du solltest sie abschmirgeln», meinte Lobosch. «Und gründlich einfetten – möglichst mit Hundefett.» «Ja», sagte Krabat. «Das sollte ich wohl.» Dann eilten sie heimwärts und trafen auf halbem Wege mit Witko und Juro zusammen, die waren beim Mordkreuz gewesen und hatten sich auch verspätet. «Na», meinte Juro, «ob wir es vor dem Regen schaffen?» Bei diesen Worten blickte er Krabat an, als vermisste er etwas an ihm. Der Drudenfuß! Krabat erschrak. Wenn er ohne das Mal in die Mühle zurückkehrte, musste der Meister Verdacht schöpfen, unausweichlich. Dann konnte es schlimm werden für sie beide, auch für die Kantorka. Krabat wühlte in seinen Taschen nach einem Stück Kohle – aber da war keins, das wusste er. «Kommt!» drängte Juro, «bevor wir eins auf den Hut kriegen! Laufen wir, laufen wir!» In dem Augenblick, da die Burschen den Wald verließen und auf die Mühle zurannten, brach das Wetter los. Ein Windstoß riss Witko und Krabat die Mützen vom Kopf, ein Schlagregen klatschte nieder, dass Lobosch aufkreischte. Pudelnass kamen alle vier in der Mühle an. Der Meister erwartete sie voll Ungeduld. Sie beugten sich unter das Ochsenjoch, sie empfingen die Backenstreiche. «Wo habt ihr das Mal, zum Henker?» «Das Mal?» sagte Juro, «da ist es», und zeigte auf seine Stirn. «Da ist nichts!» rief der Meister. «Dann hat der verdammte Regen es weggewaschen...» Der Müller zögerte einen Augenblick, schien zu überlegen. «Lyschko!» befahl er dann. «Hol mir vom Herd ein Stück Holzkohle – aber eil dich!» Mit groben Strichen schrieb er den vieren den Drudenfuß über die Nasenwurzel, das brannte wie Feuer auf ihrer Haut. «An die Arbeit!» Sie mussten an diesem Morgen länger und härter schuften als sonst; es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis auch die vier sich das Mal von der Stirn geschwitzt hatten. Dann aber war es soweit, auch diesmal – und Lobosch, der kleine Lobosch, vermochte mit einem Mal, einen vollen Maltersack über dem Kopf zu schwenken.

was für Kräften – что за силы

eine Rede des Inhalts halten – выступить с речью (такого-то) содержания

zum Teufel gejagt gehören – нужно послать к черту

anstoßen auf etw. – выпить за что-л.

die Becher heben – поднять бокалы

lauthals – во все горло

den Kragen umdrehen – свернуть шею

nachsagen – говорить за спиной

sich absondern – отделяться, выделяться

am Rand des Trubels – на краю суматохи

die Zeit verrinnt – время бежит

sich ungehalten zeigen – показаться несдержанным

bloß dumme Sprüche – просто глупая болтовня

was er mit den beiden anstellt – что он сделает с обоими

... nimmt er uns nicht übel – не обидится на нас
207 «Juchhe!» rief er. «Seht nur, wie leicht mir die Arbeit geworden ist! Seht nur, zu was für Kräften ich da gekommen bin!» Die Müllerburschen verbrachten den Rest des Tages bei Osterküchlein und Wein, mit Gesang und Tanz. Es wurden Geschichten erzählt, auch vom Pumphutt, und Andrusch, als er schon ziemlich betrunken war, hielt eine Rede, des Inhalts, dass alle Mühlknappen brave Burschen seien, und alle Meister gehörten zum Teufel gejagt, in die tiefste Hölle. «Darauf lasst uns anstoßen!» rief er. «Oder ist jemand anderer Meinung hier?» «Nein!» riefen alle und hoben die Becher; nur Staschko beteuerte lauthals, er sei dagegen. «Zum Teufel gejagt werden?» schrie er. «Der Satan soll selber kommen und sich die Meister holen! Er soll ihnen, jedem einzeln, den Kragen umdrehen – krrrks! – das ist meine Meinung!» «Recht hast du, Bruderherz!» Andrusch umarmte ihn. «Recht hast du! Hol der Teufel die Müllscher alle – und unsern als ersten!» Krabat hatte sich einen Platz in der Ecke gesucht, nahe genug bei den andern, dass keiner ihm nachsagen konnte, er habe sich absondern wollen; und doch saß er mehr für sich hier, am Rand des Trubels, und während die Burschen sangen und lachten und große Reden führten, dachte er an die Kantorka: wie sie ihm diesen Morgen begegnet war, auf dem Heimweg, und wie sie beisammengestanden und miteinander gesprochen hatten. An jedes Wort wusste Krabat sich zu erinnern, an jede Bewegung, an jeden Blick von ihr – und er hätte noch Stunden in seiner Ecke zubringen und an sie denken können, ohne dass er gemerkt hätte, wie die Zeit verrann, hätte nicht Lobosch sich neben ihn auf die Bank gesetzt und ihn angestoßen. «Ich muss dich was fragen...» «Ja?» sagte Krabat, bemüht, sich nicht ungehalten zu zeigen. Lobosch war voller Sorge. «Was Andrusch da eben gesagt hat – und Staschko! Wenn das dem Meister zu Ohren kommt...» «Ach», meinte Krabat. «Das sind doch bloß dumme Sprüche, merkst du das nicht?» «Und der Müller?» erwiderte Lobosch. «Wenn Lyschko ihm das erzählt... Stell dir vor, was er mit den beiden anstellt!» «Nichts wird er mit den beiden anstellen, gar nichts.» «Das glaubst du doch selbst nicht!» rief Lobosch. «Das lässt der sich nie gefallen!» «Heut schon», sagte Krabat. «Heut dürfen wir auf den Meister schimpfen und ihm die Pest und die Cholera auf den Hals wünschen – oder sogar den Satan, wie du gehört hast: das nimmt er uns heut nicht übel, im Gegenteil.»
sich fügen – подчиняться

mit einem Stich ins Bläuliche – с оттенком голубого

junges flammendes Grün – свежая яркая зелень

das verhaltene Grün der Föhren – сдержанная зелень сосен

aufleuchtend wie mit Gold gefirnisst – сверкающая, словно покрытая золотом

ein Stück rutschen – немного спуститься, соскользнуть

sich zuwenden – повернуться, обратиться

verborgen bleiben – оставаться скрытым

von Hanzo beauftragt sein – получить поручение от Ханцо

die Mühlsteine aufbocken – поднимать (ставить на козлы) мельничные камни


nach außen führenden Rillen – бороздки, ведущие наружу

Schlag an Schlag setzen – ударять, делать удар за ударом

scharfe Kanten – острые края

stumpf gewordenes Eisen schleifen – точить притупившийся инструмент: «железо»

auf leisen Sohlen umherschleichen – красться на цыпочках
208 «Nein?» fragte Lobosch. «Wer einmal im Jahr seinem Ärger Luft machen darf», sagte Krabat, «der schafft es, sich während der übrigen Zeit um so besser in alles zu fügen, was man ihm abverlangt – und das ist, wie du merken wirst, auf der Mühle im Koselbruch eine ganze Menge.» Krabat war nicht mehr der Krabat von früher. Während der folgenden Tage und Wochen lebte er hinter Sonne und Mond. Er tat, was zu tun war, er sprach mit den Burschen, er antwortete ihnen auf Fragen – aber in Wahrheit war er weit weg von allem, was auf der Mühle vorging: er war bei der Kantorka, und die Kantorka war bei ihm, und die Welt wurde immer heller ringsum, immer grüner mit jedem Tag. Nie zuvor hatte Krabat darauf geachtet, wie vielerlei Grün es gab, hundert Arten von Grasgrün, von Birken- und Weidengrün, Moosgrün dazwischen, bisweilen mit einem Stich ins Bläuliche, junges, flammendes Grün an den Ufern des Mühlenweihers, an jeder Hecke, an jedem Beerenstrauch – und das dunkle, verhaltene Altgrün der Föhren im Koselbruch, düster zu mancher Stunde, bedrohlich dann und fast schwarz, doch mitunter, zumal gegen Abend, aufleuchtend wie mit Gold gefirnisst. Ein paarmal in diesen Wochen, nicht allzu häufig zwar, träumte Krabat auch nachts von der Kantorka. Es war in den Grundzügen immer der gleiche Traum: Sie gingen gemeinsam durch einen Wald oder einen Garten mit alten Bäumen, sommerlich warm war es, und die Kantorka trug einen hellen Kittel. Während sie unter den Bäumen dahingingen, legte ihr Krabat den Arm um die Schulter. Sie neigte den Kopf herüber, dass er ihr Haar an der Wange spürte. Das Kopftuch war ihr ein Stück in den Nacken gerutscht, und er wünschte sich, dass sie stehen bleiben und sich ihm zuwenden würde, weil er ihr dann ins Gesicht hätte schauen können. Zugleich aber wusste er, dass es besser war, wenn sie es nicht tat: dann konnte auch niemand anderer sie erkennen, der etwa die Macht hatte, seine Träume mitzuträumen. Den Mitgesellen blieb nicht verborgen, dass etwas mit Krabat geschehen war, was ihn von Grund auf verändert hatte – und abermals war es Lyschko, der den Versuch unternahm, bei ihm auf den Busch zu klopfen. Es war in der Woche nach Pfingsten. Krabat und Staschko waren von Hanzo beauftragt worden, einen der Mühlsteine nachzuschärfen. Sie hatten ihn neben der Tür zur Mahlstube aufgebockt und vertieften mit ihren Schlageisen die von der Mitte des Steines nach außen führenden Rillen. Sorgfältig setzten sie Schlag an Schlag, dass es scharfe Kanten gab. Staschko war zwischendurch weggegangen, er musste sein stumpf gewordenes Eisen schleifen, das dauerte seine Zeit. Da kam Lyschko des Weges, mit einem Bund leerer Mehlsäcke unterm Arm. Krabat bemerkte ihn erst, als er bei ihm stehenblieb und ihn ansprach: Lyschko schlich immer auf leisen Sohlen umher, selbst dann, wenn es gar nicht nötig gewesen wäre.
den Kopf verdrehen – вскружить голову

nach allen Seiten spähen – смотреть по сторонам, высматривать

ins Ohr flüstern – прошептать на ухо

in die Wege leiten – устроить

von der Arbeit abhalten – отвлекать от работы

mit den Albernheiten – глупостями

die Lichtung überqueren – пересечь просеку

ein Schatten streifte – проскользнула тень

in den Schutz der Bäume zurückzerren – потянуть обратно под тень деревьев

die Arme verschränkt – руки, сложенные крест-накрест

mit steinerner Miene – с каменным выражением лица

viel von jmdm. halten – быть хорошего мнения о ком-л.